Schon jahrelang in Europa Der mutmaßliche Attentäter und der „Mann ohne Gesicht“

Dortmund/Düsseldorf (dpa) - Noch ist Anis Amri auf der Flucht, doch es kommt immer mehr über den mutmaßlichen Attentäter von Berlin ans Licht. Er galt als islamistischer Gefährder, einer von 549 in Deutschland.

Er verhielt sich aber während seiner Observation in Berlin als Kleindealer so unauffällig, dass die Generalstaatsanwaltschaft dort nach eigenen Angaben ihre Beobachtung einstellte.

Den Medienberichten aus Italien und Tunesien zufolge war Amri auch dort eher kriminell als politisch-religiös inspiriert. Gefängnisstrafen wegen diverser Straftaten sollen demnach auf sein Konto gehen, darunter Raub, Körperverletzung und Brandstiftung.„Er schuf in der Klasse ein Klima des Schreckens“, schreibt die italienische Tageszeitung „La Stampa“ über die kurze Zeit des Tunesiers an einer Schule auf Sizilien 2011.

Amri ist nicht einer jener Flüchtlinge, die über die Balkan-Route kamen, sondern einer jener jungen Nordafrikaner, die schon jahrelang in Europa leben. Er kam 2015 aus Italien nach Deutschland. Dort geriet er allerdings auffällig schnell an die Salafisten.

Inoffiziell bestätigen Sicherheitskreise am Donnerstag, dass es das Netzwerk rund um den im November festgenommenen Abu Walaa war. Er soll aber nicht zum festen Kern der Gruppe gehört haben. Abu Walaa gilt als salafistischer Chefideologe und mutmaßlicher Unterstützer der Terrormiliz „Islamischer Staat“. Wegen seiner Internet-Auftritte, bei denen nur sein Oberkörper gezeigt wird, ist er der „Mann ohne Gesicht“ oder „Scheich von Hildesheim“.

In Dortmund berichteten Anwohner den „Ruhr Nachrichten“, dass Amri dort zeitweise beim Deutsch-Serben Boban S. (36) gewohnt hat, jenem Salafisten, der mit Abu Walaa Anfang November festgenommen worden war.

Als das Netzwerk um den Iraker Abu Walaa Anfang November zerschlagen wurde, war Amri den Behörden zufolge in Berlin. „Anis Amri war nach unserer Kenntnis im August zum letzten Mal in NRW“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums. „Die Sicherheitsbehörden in NRW waren, immer wenn er hier war, sehr eng an ihm dran. Er ist immer im Blick gewesen, und unsere Erkenntnisse über ihn haben wir mit den anderen Behörden ausgetauscht.“