Sorge vor Trump Deutschland will Hillary Clinton

Berlin (dpa) - Die Nacht zum 9. November wird in diesem Jahr für Viele in Berlin zur langen Nacht.

An den verschiedensten Orten der Hauptstadt - Unter den Linden, im Botschaftsviertel am Tiergarten, sogar in einigen Privatclubs - werden in der Nacht der Entscheidung in den USA große Wahlpartys gefeiert.

Bis am Mittwoch irgendwann in der Früh feststehen wird, ob die Vereinigten Staaten künftig von Hillary Clinton regiert werden oder tatsächlich von Donald Trump. Wird es Trump, sind die Feiern wohl sofort vorbei.

Deutschland - die offizielle Politik wie der Großteil der Bevölkerung - ist sich einig wie selten darin, dass die ehemalige First Lady und Außenministerin die klar bessere Wahl wäre. Nach der neuesten Umfrage für die ARD-„Tagesthemen“ meinen 77 Prozent der Bundesbürger, dass sich unter Trump das Verhältnis zu den USA verschlechtern würde. Bei einem Wahlsieg Clintons fürchten das nur fünf Prozent.

Angela Merkel hat sich - im Unterschied zu vielen anderen, ihrem Außenminister zum Beispiel - nie so klar geäußert. Aber wem die Kanzlerin den Vorzug gäbe, liegt auf der Hand. Clinton und sie kennen sich seit mehr als 20 Jahren. Sie schätzen einander. Nicht nur äußerlich ähneln sie sich. Beide haben eine eher ruhige und nüchterne Art, Politik zu machen. Zudem hat man in Berlin nach acht Jahren unter Barack Obama zu den Demokraten beste Kontakte.

Dagegen gibt es zum Lager des republikanischen Kandidaten so gut wie keine Drähte. Die Versuche, Zugang zu finden, brachten minimalen Erfolg. Merkel und Trump haben sich auch noch nie gesehen. Um Vertrauen aufzubauen, bräuchte es viel Zeit. Und man darf davon ausgehen, dass der Multimillionär mit seinem Wahlkampf - laut, frauenfeindlich, hetzerisch - keinesfalls beeindruckt, sondern eher abgestoßen hat. Was Trump zur Flüchtlingspolititik sagte, zum Pariser Klimavertrag, zur Nato, fand man in Berlin gar nicht gut.

Angst hätte Merkel dennoch nicht, heißt es in Regierungskreisen. Sie bleibe bei ihrer Linie, erst dann zu urteilen, wenn es so weit sei. Entscheidend sei, wie sich ein Präsident Trump tatsächlich verhalten würde. Ohne die USA mag sich Merkel die Weltordnung nicht vorstellen. Für sie sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Partner. Immer wenn sich Washington zurückhalte, drohe dem Westen eine Schwächung.

Allerdings ist keineswegs ausgemacht, dass es unter einer Präsidentin Clinton besser würde. Viele Experten erwarten, dass die Ansprüche aus Washington an Europa - und damit in erster Linie an Deutschland - unter ihr steigen würden. Im Vergleich zu Obama gilt sie als Verfechterin einer härteren, machtbewussteren, wieder interventionistischeren Linie. Das Verhältnis des Westens zu Russland könnte sich noch mehr verschlechtern.

„Der Tag, dass wir uns nach Obama zurücksehnen, wird möglicherweise nicht sehr lange auf sich warten lassen“, heißt es in der Bundesregierung. Die Hoffnung, dass sich in den aktuellen Krisen - von Ukraine bis Syrien - etwas zum Besseren bewegt, ist dort aktuell nicht gerade groß. „2016 war schon ein richtig schlechtes Jahr, aber 2017 könnte noch viel schlimmer werden.“ Und dann ist im Herbst ja auch noch Bundestagswahl, was die Gemengelage keineswegs einfacher macht.

So könnte es beim Obamas Abschiedsbesuch Mitte November durchaus ein wenig sentimental werden. Die Nachfolgerin - oder der Nachfolger - wird dann spätestens Mitte 2017 in Deutschland erwartet. Im Juli findet in Hamburg das Gipfeltreffen der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) statt. Wenn Clinton gewinnt, dürfte sich Merkel aber zuvor schon auf den Weg nach Washington machen. Wird es Trump, sieht die Sache anders aus.