Hintergrund Die wichtigsten Akteure im Nordkorea-Konflikt
Washington/Pjöngjang (dpa) - Der Konflikt um das nordkoreanische Raketen- und Atomprogramm, in dem sich Washington und Pjöngjang seit Tagen einen verbalen Schlagabtausch liefern, gehört zu den weltweit gefährlichsten Krisen.
Wer sind die wichtigsten Akteure?
NORDKOREA: Der junge Machthaber Kim Jong Un sieht in der Entwicklung von Atomwaffen und Raketen eine Überlebensgarantie. Hatte sich sein 2011 gestorbener Vater Kim Jong Il zumindest anfangs noch auf Verhandlungen über ein Ende des Atomwaffenprogramms eingelassen, will Kim Jong Un gar nicht mehr darüber verhandeln. Der völlig abgeschottete kommunistische Staat sieht sich von den USA und Südkorea bedroht. Der äußere Feind dient dem Machthaber auch dazu, die Legitimität seines repressiven Systems zu stärken sowie die Armut und den Hunger im Land zu erklären. Mit seinen Provokationen erbost Kim Jong Un den großen Nachbarn und einstigen Verbündeten China.
SÜDKOREA: Das Bruderland im Süden der koreanischen Halbinsel schwankt zwischen Aussöhnung mit dem Norden und einer harten Linie. Da der Großraum Seoul mit rund 25 Millionen Menschen nur 50 Kilometer von der Grenze und damit in direkter Reichweite der nordkoreanischen Artilleriebatterien liegt, wäre ein Krieg verheerend für Südkorea. Durch die Verteidigungsallianz mit den USA, die 28 500 Soldaten in Südkorea stationiert haben, versucht Seoul, Nordkorea von militärischen Aktionen abzuschrecken. Der neue Präsident Moon Jae In sucht trotz aller Provokationen des Norden den Dialog und eine Annäherung, um die Spannungen abzubauen.
USA: Amerika ist der Feind Nummer eins Nordkoreas und wird von der Propaganda in Pjöngjang als Ursache allen Übels in der Welt dargestellt. Nordkorea droht inzwischen offen mit einem Militärschlag gegen US-Gebiete. Präsident Donald Trump hat die Phase der „strategischen Geduld“ mit Nordkorea für beendet erklärt. Als erster US-Präsident droht Trump offen, auch militärisch. Hinter der rhetorischen Fassade laufen aber große diplomatische Bemühungen auf mehreren Ebenen, um Nordkorea weiter politisch unter Druck zu setzen. Es geht unter anderem um das Eindämmen von Geldströmen in Richtung Pjöngjang, mit denen das Atom- und Raketenprogramm finanziert wird. So dürfen keine Touristen mit US-Pass mehr nach Nordkorea, Washington macht auch Druck auf Länder, die nordkoreanische Gastarbeiter aufnehmen. Trump stellt China indirekt Großzügigkeit bei Handelsfragen in Aussicht, sollte Peking in der Nordkorea-Frage helfen.
CHINA: China hatte im Korea-Krieg (1950-53) an der Seite Nordkoreas gekämpft, aber die Waffenbruderschaft gehört längst der Vergangenheit an. Nie zuvor war das Verhältnis so schlecht wie heute. Aus Sorge vor einer Eskalation versucht China, die Hauptakteure Nordkorea und USA zu Verhandlungen zu bewegen. Mehr als 80 Prozent des nordkoreanischen Handels fließt über China, das die Sanktionen mitträgt, aber auch einen Kollaps des Nachbarn fürchtet. Wie bei einem Krieg würden dann Millionen Flüchtlinge über die Grenze strömen. Auch könnte eine zwangsweise Wiedervereinigung folgen, an deren Ende US-Truppen an Chinas Grenze stehen. Da bevorzugt China den Status quo.
JAPAN: Wie Südkorea steht Japan in einem Verteidigungsbündnis mit den USA. Nordkorea wird als große Bedrohung empfunden. Mehrmals sind nordkoreanische Raketen bei Tests im Meer vor Japan gelandet. Mit Raketenabwehrsystemen will sich Japan gegen die Gefahr schützen. Wie auch die Militärmacht China dient Nordkorea dem rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe dazu, von der bisher rein defensiven Militärdoktrin des Landes abzurücken und Angriffskapazitäten anzustreben. Japan war auch Teilnehmer an den 2009 gescheiterten Sechs-Parteien-Gesprächen mit Nordkorea, USA, China, Südkorea und Russland, die eine Beseitigung der Atomwaffen zum Ziel hatten.
RUSSLAND: Knapp 20 Kilometer Grenze machen Russland und Nordkorea zu Nachbarn, eine Bahnlinie verbindet beide Länder. Moskau verurteilt die nukleare Aufrüstung Pjöngjangs und trägt Sanktionen der UN mit. Doch jedwede gewaltsame Lösung des Konflikts lehnt die Vetomacht Russland ab und fordert Gespräche zwischen den USA und Nordkorea. Moskau ist auch das US-Militär in Südkorea ein Dorn im Auge. Das macht die Russen international zu einem Rückhalt der Nordkoreaner. Auf die brutale Diktatur wirkt Moskau nicht ein, es gibt eher eine alte Anhänglichkeit an den kommunistischen Nachbarn. „Nordkorea ist das aus Zeit und Raum gefallene Kind des Stalinismus“, beschrieb die Zeitung „Kommersant“ das Phänomen.