EU bekommt Griechenland-Debakel nicht in Griff

Brüssel (dpa) - Offiziell hat sich der Krisengipfel in Brüssel vorgenommen, ein Gesamtpaket gegen die Schuldenkrise zu schnüren. Dazu gehören gestärkte Banken und mehr Feuerkraft für den Euro-Rettungsfonds.

Doch das eigentliche - und zunächst unlösbare - Problem hieß Griechenland.

Das hoch verschuldete Land wird noch über Jahre hinweg am Tropf von internationalen Geldgebern hängen. Und die streiten sich, wer die Zeche zahlen soll. Die Banken sollen auf 50 bis 60 Prozent ihrer Forderungen verzichten - und protestieren natürlich dagegen. Die Regierung in Athen bereitete schon nach - unbestätigten - Medienberichten eine Umtauschaktion für Staatspapiere vor.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte trotz der angespannten Lage eine freundliche Miene für ihre Amtskollegen übrig, gelegentlich lachte sie sogar. In marineblauer Samtjacke schritt die Kanzlerin durch den fensterlosen Konferenzsaal im Brüsseler Ministerratsgebäude.

Sie ging rasch auf den italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi zu. Der Medienzar kämpft zuhause um sein politisches Überleben, sein Lächeln wirkt kalt und aufgesetzt.

Merkel hatte erst beim Vorgipfel am Sonntag zusammen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy den Italiener in beispielloser Weise unter Druck gesetzt - und von ihm konkrete Spar- und Reformpläne gefordert.

Die politischen Debatten drehten sich in Brüssel und Berlin in den vergangenen Tagen vor allem um die Stärkung des Rettungsfonds EFSF. Das war beim Gipfel aber gar nicht das große Thema. Der EFSF soll und wird „gehebelt“ werden, da gab es am Abend kaum Zweifel mehr.

Denn sonst ist Ländern wie Italien kaum zu helfen. Es soll zwei Varianten geben: Entweder eine Art Teilkaskoversicherung für neue Anleihen von Wackelkandidaten wie eben Italien und Spanien, um Anleger zu beruhigen. Oder einen Sonder-Kredittopf - aufgezogen mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds und anderer Geldgebern.

Zunächst kam die große Runde aller 27 EU-„Chefs“ zusammen. Die wollten bei der Griechenland-Rettung nicht abseits stehen. Die Debatten über einen Schuldenschnitt betreffen den gesamten Bankensektor Europas, lautete das Credo des schwedischen Regierungschefs Fredrik Reinfeldt. „Schweden will dabei sein, wenn es um die Banken geht. Deshalb bin ich hier.“

Fern ab dieser materiellen Sichtweise appellierte der schwer unter Druck stehende griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou an die großen Werte der europäischen Familie. Er meinte, es gehe nicht nur darum, den Euro zu retten. „Es müssen auch die Ideale gesichert werden, die wir in Europa so hochhalten: Frieden und Zusammenarbeit unserer Nationen, sozialer Zusammenhalt und Solidarität, ohne Vorurteile zwischen unseren Völkern.“

Es war das zweite Spitzentreffen der EU-Regierenden innerhalb von 72 Stunden. Zuviel, finden viele. Auch wenn die Krise drängt. „Wenn man ständig Gipfel einberufen muss, die den Hintergrund der Krise haben, dann schafft das natürlich nicht ausreichend Vertrauen“, meinte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann mit einer Portion Skepsis.