Fragen und Antworten Euro für alle: Was das für Europa bedeuten würde

Frankfurt/Straßburg (dpa) - Zum 1. Januar 1999 gaben sich die Europäer eine gemeinsame Währung. Zunächst nur elektronisch, von 2002 dann auch in Schein und Münze.

Foto: dpa

Heute ist der Euro für 340 Millionen Menschen in 19 Staaten der Europäischen Union (EU) offizielles Zahlungsmittel. Geht es nach dem Willen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, könnte der Euro-Club bald noch größer werden.

„Wenn wir wollen, dass der Euro unseren Kontinent mehr eint als spaltet, dann sollte er mehr sein als die Währung einer ausgewählten Ländergruppe“, bekräftigte der Kommissionschef am Mittwoch im Europaparlament. „Der Euro ist dazu bestimmt, die einheitliche Währung der Europäischen Union als Ganzes zu sein.“ Doch die EU-Mitgliedstaaten, die sich der Gemeinschaftswährung anschließen wollen, müssten dies auch können, sagte Juncker. „Deshalb schlage ich die Schaffung eines Euro-Beitrittsinstrumentes vor, das ihnen technische, manchmal auch finanzielle Heranführungshilfen bietet.“

Nein. Die Mitgliedsländer haben sich verpflichtet, den Euro einzuführen, sobald sie die Voraussetzungen erfüllen. Im Vertrag von Maastricht haben lediglich Dänemark und das Vereinigte Königreich eine Ausnahmeregelung erstritten - sogenannte Opt-out-Klauseln. Großbritannien will aber ohnehin aus der EU austreten. Tatsächlich dürfte jedoch kein Land gegen seinen Willen in den Euro gedrängt werden. So haben beispielsweise die Schweden im Jahr 2003 in einer Volksabstimmung die Euro-Einführung abgelehnt. Trotz seiner guten wirtschaftlichen Lage blieb das Land dem Euro bis heute fern.

Es gibt vier sogenannte Konvergenzkriterien, die Beitrittskandidaten erfüllen müssen. So darf ihre Inflationsrate nicht mehr als 1,5 Prozent über der Teuerungsrate derjenigen drei EU-Länder liegen, die das beste Ergebnis erzielt haben. Zudem müssen die öffentlichen Finanzen stabil und tragbar sein. So darf das Haushaltsdefizit nicht mehr als 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmachen, und die Verschuldung darf bei maximal 60 Prozent des BIP liegen.

Allerdings wurden beim Schuldenstand für Länder wie Italien schon bei der Euro-Einführung große Abweichungen zugelassen. Die beiden anderen Kriterien beziehen sich auf die Wechselkursentwicklung und die Zinssätze. EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) überprüfen alle zwei Jahre in einem Bericht die Fortschritte der Euro-Anwärter.

Es würde zumindest schwieriger. Schon seit 2015 sind etwa im EZB-Rat nicht alle Mitglieder jedes Mal stimmberechtigt. Grund ist, dass damals Litauen das 19. Land im Euro-Club wurde. Frühzeitig hatten sich die Staaten verständig, in einer wachsenden Eurogruppe die Stimmzahl zu begrenzen, damit der EZB-Rat effizient entscheiden kann.

In der Praxis sieht das so aus, dass sich die fünf größten Euro-Volkswirtschaften Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Niederlande vier Stimmrechte teilen. Ihre nationalen Notenbankchefs pausieren in jedem fünften Monat bei der Abstimmung. Die übrigen 14 Staaten haben 11 Stimmrechte, ihre Notenbankpräsidenten dürfen sich in je drei Monaten in Folge nicht am Votum beteiligen. Die sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums, zu dem EZB-Chef Mario Draghi und die Deutsche Sabine Lautenschläger gehören, haben jedes Mal Stimmrecht.

Nach Ansicht von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sollten die Europäer hier nichts übers Knie brechen. „Ich halte es aber wirtschaftlich für richtig und sinnvoll, dass über die nächsten 10 bis 15 Jahre alle EU-Länder den Euro einführen.“ Die Gemeinschaftswährung habe vor allem den Handel und die Direktinvestitionen in Europa deutlich erhöht.

Deutschland sei „ein großer Gewinner des Euro“, sagt Fratzscher. Indes warnt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW): „Die europäische Schuldenkrise hat seit 2010 deutlich gezeigt, dass die Einführung des Euro in einigen Staaten Südeuropas verfrüht war. Es wäre unklug, diesen historischen Fehler nun für Osteuropa zu wiederholen.“ Junckers Initiative komme zum falschen Zeitpunkt. Ohne Reformen in den Staaten hält Heinemann eine Erweiterung des Euroraums für „ein unkalkulierbares Risiko“.

Für kein Land gibt es derzeit einen konkreten Beitrittstermin. Diskutiert wird eine Euro-Mitgliedschaft aktuell in Tschechien. Sollte jedoch der in Umfragen führende Milliardär Andrej Babis die Parlamentswahlen im Oktober gewinnen, dürfte auch dort die Euro-Einführung wieder in weite Ferne rücken. „Der Euro ist derzeit für uns nicht vorteilhaft“, erklärte der liberal-populistische Ex-Finanzminister Babis zuletzt. In Polen und Ungarn, die von EU-kritischen Parteien regiert werden, ist der Euro momentan kein Thema. Und Bulgarien und Rumänien sind wirtschaftlich recht schwach.