Grünen-Basis bei Schwarz-Grün uneins
Berlin (dpa) - Die Basis der Grünen sieht Schwarz-Grün im Bund überwiegend skeptisch oder lehnt es ab. Es gibt aber auch Stimmen, die ernsthafte Gespräche mit der Union befürworten, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur vor dem ersten Sondierungsgespräch der Parteien zeigte.
„Wir haben viele kritische Rückmeldungen aus den Kreisverbänden erhalten“, sagte der niedersächsische Landeschef Jan Haude. Eine Mehrheit könne sich Schwarz-Grün nicht vorstellen und stelle selbst Gespräche infrage. Die Hamburger Landeschefin Katharina Fegebank meinte: „Wir sind Wahlverlierer - ich sehe uns erst einmal gar nicht im Auftrag der Regierungsbildung.“
„Das muss man nach den Inhalten entscheiden“, sagte der Vorstandssprecher des Kreisverbands Essen, Mehrdad Mostofizadeh. Man müsse abwarten, „ob sich bei der Union mehr Seehofer oder mehr Merkel durchsetzt“. Zurückhaltung in Mainz: Ansätze für Gemeinsamkeiten mit der CDU sehe er kaum, sagte Kreisvorstandssprecher Thorsten Lange. Die Grünen müssten zu viele Kröten schlucken.
Im größten Kreisverband des Saarlands, in Saarlouis, gehe die Tendenz in Richtung Ablehnung, berichtete dessen Chef Klaus Kessler. „Die inhaltlichen Unterschiede sind zu groß, insbesondere in der Energie-, Infrastruktur-, Familien- und Bildungspolitik.“ Ähnlich äußerten sich die Chefs des Kreisverbandes Saarbrücken, Manfred Jost und Simone Peter, die designierte Grünen-Bundesvorsitzende. Dagegen meinte der Vorsitzende in Merzig, Karl Raczek: „Schwarz-Grün wäre mit Blick auf die Vermeidung einer großen Koalition und grüne Einflussnahme auf brennende Themen wie die Energiewende die intelligentere Entscheidung.“
Skeptische und gemischte Stimmen kommen aus Baden-Württemberg. „Schwarz-Grün stößt auf sehr wenig Gegenliebe“, sagte Susanne Häcker vom Vorstand des Reutlinger Kreisverbandes. „Das passt einfach nicht.“ Irgendwann werde es Schwarz-Grün im Bund geben, sagte Hans-Detlef Ott, Vorstandssprecher im Kreis Neckar-Odenwald, aber nicht jetzt. Philipp Franke, Kreischef in Stuttgart, hält die Variante für schwierig - aber: „Das Dümmste wäre, in der Ecke zu stehen und zu heulen.“
Der Augsburger Grünen-Vorstandssprecher Matthias Strobel meinte, Trennendes zur CSU gebe es etwa bei Gleichstellung von Homosexuellen oder der Flüchtlingspolitik. „Da weht ein ganz anderer Wind, wenn ich mir die Aussagen von Herrn Dobrindt anschaue“, meinte Strobel.
Auch in Ostdeutschland hält sich die Begeisterung für Schwarz-Grün in Grenzen. „Die Grünen haben mit ihrem Wahlergebnis keinen Auftrag zur Regierungsbildung bekommen“, sagte die Chemnitzer Grünen-Chefin Katharina Weyandt. Michael Schmelich, der den Dresdner Stadtverband leitet, sagte: „Mit Schwarz-Grün würde der Wählerwille ignoriert.“
Der Sprecher des Potsdamer Kreisverbandes, Uwe Fröhlich, argumentierte: „Wir wollen keine neuen Tagebaue und insgesamt den Ausstieg aus der Verstromung der schmutzigen Braunkohle.“ Die Grünen würden wohl nicht mitregieren, sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Schweriner Landtag, Jürgen Suhr.
Eugen Weber, Kreissprecher in Gera, sagte: „Wir haben mit Katrin Göring-Eckhardt eine Fraktionsvorsitzende, die konservativen Gedanken durchaus aufgeschlossen ist.“ Der Abwärtstrend der Grünen könne sich nach einer schwarz-grünen Koalition aber noch verstärken. Andreas Gernegroß, der Chef des Vorstands im Salzlandkreis, betonte: „Erst wenn die SPD eine große Koalition abgelehnt hat, ist das ernsthaft eine Option.“ Die Mitglieder im Kreis seien nicht dagegen.
Als relativ offen, aber reserviert beschreibt die schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ruth Kastner die Haltung im Norden. Die Grünen hätten nach dem enttäuschenden Wahlergebnis derzeit innerparteilich genug zu tun.