Handelsriese China: Mega-Markt mit Ecken und Kanten

Frankfurt/Peking (dpa) - Staatlich subventionierte Dumpingpreise, Produktfälschungen oder Investitionsbeschränkungen: Das Geschäft mit dem asiatischen Riesen China ist nicht immer leicht. Trotzdem führt an dem Mega-Markt mit 1,3 Milliarden Konsumenten kein Weg vorbei.

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„Nur Unternehmen, die heute in China, der dynamischsten Volkswirtschaft der Welt, vor Ort erfolgreich sind und dort mit chinesischen Unternehmen mithalten können, haben eine Chance auf Dauer erfolgreich zu sein“, sagt Hubert Lienhard, Vorsitzender im Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, zum Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping.

Noch vor 20 Jahren wirtschaftlich ein Zwerg ist China inzwischen der mit großem Abstand wichtigste Handelspartner Deutschlands in Asien und der drittgrößte weltweit. China ist nach den USA die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde: Wenn Chinas Wirtschaft hustet, ist die Ansteckungsgefahr weltweit groß. Oder andersherum: Läuft der Konjunkturmotor dort rund, profitiert auch Deutschland.

Trotzdem machte die deutsche Wirtschaft schon vor dem Besuch des chinesischen Staatspräsidenten klar, dass sie Xi Jinping nicht nur hofieren wolle. „Wir möchten den Besuch nutzen, um bei Staatspräsident Xi für mehr Handlungsfreiheit und Gleichberechtigung deutscher Unternehmen, die in China engagiert sind, zu werben“, sagte Lienhard: „Unsere Niederlassungen in China sollen wie einheimische Unternehmen behandelt werden.“

Zudem seien Investitionsbeschränkungen in dem Land nicht mehr zeitgemäß, und das Klima nicht ausreichend innovationsfreundlich: „Dazu gehören der verlässliche Markenschutz ebenso wie ein Patentsystem, das Produktinnovationen fördert.“ Keine Frage: Der Ruf des Handelspartners ist nicht unbefleckt: Plagiate oder giftiges Spielzeug von dort finden immer wieder ihren Weg nach Deutschland.

Doch für deutsche Schlüsselindustrien ist das Chinageschäft extrem wichtig. Für die Maschinenbauer ist China der größte Exportmarkt der Welt. Und der Autoindustrie half der Boommarkt über die Absatzkrise daheim. Volkswagen ist Marktführer im Reich der Mitte.

Der Handel zwischen beiden Ländern ist in den vergangenen Jahren explodiert, obwohl es neben Rechtsstreitigkeiten und kulturellen oder sprachlichen Hindernissen weitere Hürden gibt. Dazu gehört, dass die chinesische Währung Renminbi (oder Yuan) nicht frei handelbar ist.

Deshalb wetteifern Finanzplätze wie London, Paris, Zürich und Frankfurt darum, als Renminbi-Handelsplatz auserkoren zu werden. Dabei haben Frankfurt und London nun die Nase vorn: Der Finanzplatz soll Handelszentrum für die chinesische Währung Yuan in der Eurozone werden. Eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichneten die Deutsche Bundesbank und die chinesische Zentralbank am Freitag am Rande des Xi Jinping-Besuchs. Damit wird Frankfurt das erste Handelszentrum in der Euro-Zone. Ein Abkommen für London soll Ende März besiegelt werden.

In einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ schreibt Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne): „Kapitalflüsse von und nach China werden von der chinesischen Notenbank reglementiert. Der Zahlungsverkehr mit dem Ausland erfolgt überwiegend über Clearing-Banken.“ Für große internationale Unternehmen sei das machbar: „Deutsche Mittelständler schrecken davor aber häufig zurück. Die Folgen liegen auf der Hand: Das volle Potenzial des realwirtschaftlichen Handels- und Investitionsaustauschs zwischen Deutschland und China, das ein vereinfachter RMB-Zahlungsverkehr liefern würde, wird bei weitem nicht ausgeschöpft.“

Al-Wazir betont: „„German Engineering“ ist im Reich der Mitte gefragt wie nie. Diesen Handel wollen wir vor allem für kleine und mittlere Unternehmen einfacher und attraktiver machen - mit [...] der Ansiedlung einer chinesischen Clearing-Bank in Frankfurt.“ Kosten bei der Handelsabwicklung könnten sinken und Währungsschwankungsrisiken minimiert werden.

Das Interesse in China an einem reibungslosen Handel dürfte ebenfalls riesig sein: Deutschland ist Chinas wichtigster Handelspartner in Europa und ein bevorzugter Standort für Investitionen, um auf den europäischen Markt vorzudringen oder Know-how abzuschöpfen. Der chinesische Telekommunikationsriesen Huawei hat seine Europazentrale in Düsseldorf. Nicht umsonst legt Chinas Staats- und Parteichef bei seinem Europabesuch einen Zwischenstopp in Nordrhein-Westfalen ein. In kaum einer anderen Region Europas konzentrierten sich so viele chinesische Hightech-Unternehmen, begründete jüngst ein Sprecher von Chinas Außenministerium den Abstecher des chinesischen Präsidenten.

Auch im Auto- und Maschinenbau werden immer wieder Kooperationen geschlossen. Jüngstes Beispiel: Zum Besuch des Staats- und Parteichefs unterzeichneten Daimler und sein Partner Beijing Automotive (BAIC) eine Vereinbarung über rund eine Milliarde Euro. Die Auto- und Motorenproduktion im Gemeinschaftsunternehmen Beijing Benz (BBAC) in Peking soll ausgebaut werden. Wirtschaftsprofessor Sun Lijian von der Fudan Universität in Shanghai ist überzeugt, dass sich China und Deutschland perfekt ergänzen können: „Die Weltwirtschaft bietet ideale Bedingungen, dass beide Seiten profitieren.“