Hintergrund: Die Gipfelteilnehmer und ihre Sorgen

Camp David/Chicago (dpa) - Es ist das gewohnte Bild: Wo immer ein politischer Gipfel stattfindet, setzen die Granden ihr chronisch strahlendes Lächeln auf - ganz gleich, wie sehr sie von Sorgen gebeutelt sind.

Sorgen um die Wirtschaftslage zu Hause, Streit mit den politischen Partnern - nicht selten sind es auch die Probleme in der Heimat, die das Verhalten auf den großen Gipfeln beeinflussen. Im Folgenden eine Bestandsaufnahme der Sorgen und Positionen der Gipfelteilnehmer.

Barack Obama, USA: Der Gastgeber hat wohl die größten Probleme. Der Wahlkampf ist knallhart. Er kann sich nicht sicher sein, ob er im November gewinnt, ob er im nächsten Jahr noch auf der Gipfeltribüne steht. Verzweifelt versucht Obama, die G8-Staaten zu einem Wachstumsschub zu bewegen, damit die US-Konjunktur endlich anspringt - nur so, kalkuliert das Weiße Haus, könnte er seine Wiederwahl sichern. Doch in den vergangenen Jahren haben ihm die Kollegen aus der G8-Runde mehrfach die kalte Schulter gezeigt. Nicht zuletzt Merkel stand auf der Bremse - entsprechend kühl ist das Verhältnis der beiden.

Angela Merkel, Deutschland: Sie ist die einzige Frau in der G8-Runde. Ihr brennt vor allem die Euro-Krise unter den Nägeln. Ihr oberstes Ziel auch in der G8-Runde: Weiter auf Sparen dringen, Mehrausgaben vermeiden. Keine angenehme Rolle für die Kanzlerin. Schon haben sich Deutschland und andere EU-Länder auf drohende US-Kritik vorbereitet. Da ist Streit programmiert.

François Hollande, Frankreich: Der Mann hat noch nie ein hohes politisches Amt ausgefüllt, er gilt als außenpolitisches Greenhorn. US-Medien sprechen von einer „wild card“, einer Art Freikarte oder dem großen Unbekannten. Allein das schafft Probleme: Hollande muss erst einmal lernen, sich auf der internationalen Bühne zu bewegen. Dann muss er noch versuchen, seine vollmundigen Wahlversprechen nach mehr Wachstum und sanfterem Sparen zu erfüllen. Ein schwieriger Balanceakt. Die G8-Runde wird ihn kritisch unter die Lupe nehmen.

Dmitri Medwedew, Russland: Hat der russische Ministerpräsident überhaupt Prokura, ist er ein echter Verhandlungspartner? Sein Chef, der neue - besser: erneute - Präsident Wladimir Putin, hat die Einladung zum Gipfel demonstrativ ausgeschlagen. Kaum denkbar, dass er dem zweiten Mann Vollmachten erteilt hat, über heiße Themen wie Syrien und Iran zu verhandeln. Keine leichte Rolle für Medwedew.

Mario Monti, Italien: Der Mann muss sein Land retten. Erst vor ein paar Tagen erlitt sein Kampf gegen die Staatspleite einen herben Rückschlag, als die Ratingagentur Moody's ein Dutzend italienscher Banken herabstufte. Der IWF mahnt weitere Schritte an. Dabei hat Monti schon heute mit einer knallharten Opposition und mit wachsenden Widerstand in der Bevölkerung zu kämpfen. Zunehmende Gewaltbereitschaft machen ihm Sorgen - bis hin zu Attentatsdrohungen von Anarchisten.

David Cameron, Großbritannien: Auch er befindet sich innenpolitisch in schwerem Fahrwasser. Hat sich mit seinem Sparprogramm eine schwere Aufgabe gestellt.

Yoshihiko Noda, Japan: Auch er ein Gipfelneuling, der unter strenger Beobachtung steht. Das Haushaltsdefizit ist ähnlich hoch wie in den USA. Doch bei ihm stehen wenigstens keine Wahlen bevor.

Stephan Harper, Kanada: Fast könnte man ihn den Sorgenfreien unter den G8-Kollegen nennen. Kanada ist vergleichsweise gut aus der Krise herausgekommen. Manche nennen das Land ja ohnehin das bessere Amerika. Auch Wahlsorgen drücken ihn nicht. Erst im letzten Jahr wurde gewählt. Harper schaffte das Kunststück, die erste kanadische Mehrheitsregierung seit 2003 zu bilden.