Hintergrund: Entscheidungen ohne Fraktionsdisziplin
Berlin (dpa) - Laut Grundgesetz sind die Abgeordneten des Bundestags bei Abstimmungen nur ihrem Gewissen unterworfen. Die Fraktionsführungen geben aber in der Regel Empfehlungen. So soll der Bundestag handlungsfähig bleiben.
Bei heiklen ethischen Fragen gab es allerdings immer wieder Debatten und Abstimmungen ohne Fraktionsdisziplin:
- PATIENTENVERFÜGUNG, 18.6.2009: Nach rund sechsjähriger Debatte einigt sich der Bundestag auf ein Gesetz, das Patientenverfügungen rechtlich verankert. Die Entscheidung über Leben oder Sterben von Schwerkranken ohne Bewusstsein wird rechtlich damit etwas einfacher. Für Ärzte und Betreuer gibt es mehr Sicherheit, wenn der Patient vorher eine Patientenverfügung über seinen Willen abgegeben hat.
- STICHTAGSREGELUNG, 11.4.2008: Der Bundestag erlaubt die Forschung mit jüngeren embryonalen Stammzellen aus dem Ausland. Er beschließt eine Verschiebung des Stichtags auf den 1. Mai 2007. Zuvor durften die Forscher nur Stammzellen verwenden, die vor dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden.
- STAMMZELLEN-IMPORT, 30.1.2002: Nach jahrelanger Diskussion entscheidet der Bundestag für den begrenzten Import von menschlichen embryonalen Stammzellen. Die Forschung mit den Zellen soll Therapien gegen Parkinson, Diabetes oder Multiple Sklerose ermöglichen. Der erfolgreiche Antrag stellt einen Kompromiss zwischen dem Schutz des ungeborenen Lebens und der Forschungsfreiheit dar.
- ABTREIBUNGSRECHT, 26.6.1992: 14 Stunden Debatte setzen einen Schlusspunkt hinter jahrelange Diskussionen. Der Bundestag beschließt ein liberaleres Abtreibungsrecht für Deutschland. Frauen können selbst über den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft entscheiden. Abtreibungen bleiben danach straffrei, wenn sich die ungewollt Schwangere drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lässt.