Hintergrund: Kann ein Land den Euro abschaffen?
Brüssel/Athen (dpa) - Es ist wieder ein Thema: Kann ein Land, das den Euro einmal eingeführt hat, die Gemeinschaftswährung im Alleingang auch wieder abschaffen?
Euro-Kritiker wie die bei den Wahlen in Finnland erfolgreiche Partei der Wahren Finnen wünschen sich dies, und am Freitag machten Gerüchte darüber die Runde, auch Griechenland könne einen solchen Schritt erwägen. In beiden Fällen - Finnland ist ein mustergültiges, Griechenland ein hochverschuldetes Euroland - wäre die wiedergewonnene „Unabhängigkeit“ von der Geldpolitik der Eurozone das Hauptmotiv für einen Austritt.
Die rechtliche Lage ist komplex. Ein eigenmächtiger Rückzug aus der Währungsunion sei nur möglich, wenn ein Land gleichzeitig aus der EU austritt, schrieb Phoebus Athanassiou, Jurist bei der Europäischen Zentralbank (EZB), 2009 in einem Fachartikel. Das wäre allerdings nach dem Vertrag von Lissabon möglich, in Paragraph 50 heißt es: „Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten.“
Eine andere Variante untersuchte das britische Wirtschaftsmagazin „The Economist“. Demnach könnte ein Land einfach ein Gesetz verabschieden, wonach die Gehälter seiner Staatsbediensteten, soziale Leistungen und auch Zinsen für Staatsschulden künftig in einer neuen Währung gezahlt werden. Der private Sektor müsste dann notgedrungen folgen. Es würde sich automatisch ein neuer Wechselkurs der Währung einspielen: Im Fall Griechenland wäre die Neu-Drachme weniger wert als der offizielle Umrechnungskurs zum Euro.
Das größte Problem wäre dem „Economist“ zufolge die Zeit der Umstellung auf die neue Währung, die jede Menge logistische und finanzpolitische Fallstricke aufweist. Der Kapitalverkehr müsste eingeschränkt werden und möglicherweise sogar die Reisefreiheit, um ein Chaos an den Märkten und in der Bevölkerung zu verhindern. Ein Land müsse völlig verzweifelt sein, um einen solchen Schritt zu wagen, glauben die Autoren. Aber auch das ist eben nicht ganz ausgeschlossen.