Hintergrund: Wackeliges Atom-Moratorium

Berlin (dpa) - Die dreimonatige Abschaltung von acht Atomkraftwerken steht auf recht wackeligen Füßen. Die wichtigsten Punkte im Überblick:

- Berufung auf Paragraf 19, Absatz 3: Damit begründet die Regierung die Abschaltung. Die Regelung im Atomgesetz erlaubt bei drohenden konkreten Gefahren eine vorübergehende oder komplette Abschaltung von Atommeilern. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagt, es handele sich angesichts der Vorfälle in Japan um eine vorsorgende Maßnahme.

- Klagen der Betreiber: Die Konzerne könnten dagegen klagen, weil ihnen bis Mitte Juni nun mehr als 500 Millionen Euro entgehen. Zudem ist der Grund für die Anwendung des Paragrafen wegen fehlender konkreter Gefahr nach Meinung von Juristen nicht gegeben. Aber die Regierung könnte dann ein neues Atomgesetz mit viel kürzeren Restlaufzeiten anstreben und sitzt daher am längeren Hebel.

- Laufzeiten: Die im Schnitt zwölf Jahre längeren Laufzeiten sind nicht ausgesetzt, da der Begriff des Moratoriums laut Röttgen nur ein politischer und nicht rechtlich bindender ist. Das bedeutet, die 11. und 12. Novelle des Atomgesetzes sind weiter in Kraft.

- Reststrommengen: Weil das neue Atomgesetz weiter gilt, können in der Zeit der Abschaltung die Reststrommengen dieser Atommeiler von mindestens acht Jahren auf neuere Anlagen übertragen werden. Die Atomaufsichtsbehörden müssen dem nicht zustimmen, laut Atomgesetz reicht eine Mitteilung der Betreiber. Diese könnten so die Strommengen der Meiler retten, die womöglich ganz stillgelegt werden.

- Kerntechnisches Regelwerk: Das von den früheren Umweltministern Jürgen Trittin (Grüne) und Sigmar Gabriel (SPD) erarbeitete kerntechnische Regelwerk mit schärferen Standards wurde von Röttgen nicht umgesetzt. Für die Sicherheits-Checks in den Atommeilern werden daher wohl die Standards der 70er und 80er Jahre angewendet. Das sorgt für Unmut, die Opposition hält Röttgens Atom-Kehrtwende daher für unglaubwürdig.