Hoffnung im US-Finanzstreit - Angeblich einig über „Rahmen“
Washington (dpa) - Im US-Schuldendrama hat sich kurz vor Ablauf der Frist erstmals ein Durchbruch abgezeichnet. Nach Medienberichten wurde am Sonntag eine vorläufige Einigung über eine „Rahmenvereinbarung“ zur Abwendung einer drohenden Staatspleite erzielt.
Die Verhandlungen über Einzelheiten liefen aber noch. Das Weiße Haus warnte, dass es noch keinen „Deal“ gebe. Auch der Spitzendemokrat im Senat, Harry Reid, sagte, es seien noch wichtige Fragen zu klären. „Wir sind einer Vereinbarung sehr nahe“, eilte aber der republikanische Fraktionschef im Senat, Mitch McConnell, mit.
Insgesamt machte sich nach dem wochenlangen Gezerre um die Erhöhung des US-Schuldenlimits in Washington spürbar Optimismus breit. Der erste Spitzenvertreter einer Kreditratingagentur, Moody's, äußerte sich zuversichtlich, dass der angepeilte Kompromiss ausreichen würde, die US-Topbonität beizubehalten. „Das sind ausgezeichnete Nachrichten“, sagte Chefökonom und Analyst Mark Zandi dem Sender CNN. Am Dienstag, 2. August, droht den USA die Zahlungsunfähigkeit.
Nach übereinstimmenden Medienberichten sieht der „Rahmen“ eine Erhöhung der Schuldengrenze in zwei Etappen vor, ohne dass Präsident Barack Obama jdes Mal zwingend auf die Zustimmung des Kongresses angewiesen wäre. Er könnte damit das Thema auch besser aus dem Präsidentenwahlkampf 2012 heraushalten.
Reid deutete an, dass es noch am Sonntag ein erstes prozedurales Votum über den neuen Vorschlag geben könnte, sicher war das allerdings nicht. Der Fraktionschef der Demokraten im Senat war zuvor mit einem Testvotum über seinen eigenen Vorschlag zur Lösung der Krise gescheitert. Er kam bei der Abstimmung auf Schluss der Debatte über seinen Plan nicht auf die nötigen 60 Stimmen. Dazu hätten sich eine Reihe Republikaner auf seine Seite schlagen müssen. Das ursprünglich mit Spannung erwartete Votum hatte angesichts der laufenden Verhandlungen über einen Kompromiss am Ende aber ohnehin nur symbolische Bedeutung.
Sollte bis zum 2. August keine Einigung gelingen, geht den USA unweigerlich das Geld aus. Mehrere Ratingagenturen drohen für diesen Fall mit schweren Konsequenzen, Experten fürchten unabsehbare Folgen für die gesamte Weltwirtschaft. Es geht um die Erhöhung des Schuldenlimits von derzeit 14,3 Billionen Dollar (10 Billionen Euro) um 2,4 Billionen. Während der Kongress dieses Limit in der Vergangenheit stets ohne Probleme angehoben hatte, wollen sich die Republikaner diesmal sperren, wenn nicht zugleich massiv gegen das riesige US-Defizit vorgegangen wird.
In den Gesprächen zur Krisenlösung hatte es am Samstag die erste Bewegung gegeben, erstmals seit Tagen war auch wieder Präsident Barack Obama direkt beteiligt. Der Republikaner McConnell hatte zuvor Verhandlungen allein mit den Demokraten abgelehnt und verlangt, dass sich das Weiße Haus direkt einschaltet. Nach mehreren Telefonaten auch mit Vizepräsident Joe Biden zeigten sich McConnell und auch der führende Republikaner im Abgeordnetenhaus, John Boehner, in deutlich besserer Stimmung. Das Land werde nicht zahlungsunfähig werden, versicherte McConnell.
Medienberichten zufolge sieht die Rahmenvereinbarung im Einzelnen vor, dass das Schuldenlimit - begleitet von Sparmaßnahmen - in diesem Jahr zunächst teilweise erhöht wird. Der Kongress soll zwar die Möglichkeit einer Ablehnung erhalten, aber Obama könnte dann sein Veto einlegen. Damit würden - entsprechend der Forderung des Präsidenten - vor 2013 keine weiteren Verhandlungen über den Kreditrahmen mehr nötig. Der Präsident will unbedingt verhindern, dass es im Wahljahr 2012 erneut ein Gezerre gibt, das der Wirtschaft schaden und ihn erneut unter Druck der Republikaner bringen könnte.
Im Gegenzug zur Erhöhung des Schuldenlimits werden nach den Medienangaben Einsparungen in einer Gesamthöhe von 2,8 Billionen Dollar angepeilt. Neben sofortigen Kürzungen von einer Billion Dollar solle ein Kongressausschuss bis zum Herbst weitere Einsparungen von 1,8 Billionen Dollar ausarbeiten. Sollten diese vom Kongress nicht bis Ende Dezember verabschiedet sein, gäbe es automatisch Kürzungen in allen Bereichen - die Verteidigung und Sozialprogramme eingeschlossen.
Kommt der Entwurf im Senat durch, müsste das Abgeordnetenhaus grünes Licht geben. Am Samstag hatten die republikanisch beherrschte größere Kongresskammer, in der die radikal-konservativen Tea-Party-Vertreter großen Einfluss haben, den Reid-Planes abgelehnt. Führende republikanische Abgeordnete sagten am Sonntag, die Kompromissverhandlungen gingen in „die richtige Richtung“, es blieben aber noch erhebliche Differenzen.
Unterdessen bereitete sich das Finanzministerium vorsichtshalber weiter auf den Fall des Scheiterns vor. Oberste Linie: Schulden und Zinsen sollen auf alle Fälle bezahlt werden. Nach einem Bericht der „Washington Post“ könnten auch die zum Monatsbeginn anfallenden Sozialhilfe-Leistungen noch gezahlt werden. Doch bereits in wenigen Tagen „verliert die Regierung ihre Fähigkeit, allen Zahlungen nachzukommen“.