Merkel fordert von EU-Staaten mehr Verbindlichkeit bei Reformen
Berlin/Brüssel (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat von den EU-Mitgliedern stärkere Anstrengungen bei der Umsetzung ihrer Reformversprechen gefordert.
Unmittelbar vor dem EU-Gipfel in Brüssel sagte Merkel am Mittwoch in einer Regierungserklärung, es müsse künftig verbindliche vertragliche Vereinbarungen zwischen den einzelnen Ländern und der EU-Kommission geben. Das Thema wird die 28 Staats- und Regierungschefs an diesem Donnerstag und Freitag beschäftigen, Beschlüsse dazu wird es aber nicht geben. Auch die Entwicklung in der Ukraine wird in Brüssel zur Sprache kommen.
Merkel sagte im Bundestag weiter, die Zukunft der europäischen Einigung werde nicht ohne Änderungen der EU-Verträge zu sichern sein. „Wer mehr Europa will, der muss auch bereit sein, bestimmte Kompetenzen neu zu regeln.“ Mögliche Veränderungen des Lissabon-Vertrags sind aber nicht Thema des Gipfels.
Auf der Tagesordnung des Gipfels steht zunächst am Donnerstag eine effektivere Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik. Auch die französische Militärmission in der Zentralafrikanischen Republik dürfte zur Sprache kommen, nachdem Frankreich Unterstützung der EU gefordert hat. Dazu hieß es aus deutschen Regierungskreisen, für die gemeinsame Finanzierung von Militäroperationen gebe es vereinbarte Verfahren. Das Außenministerium wies Spekulationen über einen Einsatz deutscher Soldaten in Zentralafrika zurück. Am Mittwochabend wollte Merkel mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)zu einem Antrittsbesuch bei Präsident François Hollande nach Paris fliegen. Die große Koalition aus Union uns SPD war am Dienstag vereidigt worden.
Am Freitag steht in Brüssel die Außenpolitik im Mittelpunkt, darunter voraussichtlich die Lage in der Ukraine sowie die Entwicklung des Beitritts-Prozesses von Serbien und Albanien. Serbien hat nach Überzeugung der EU bei der Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo wichtige Fortschritte gemacht. Die erste Beitrittskonferenz soll deshalb im Januar stattfinden. Auch in Albanien sieht die EU eine positive Entwicklung, den Status eines Beitrittskandidaten erhält das Land aber noch nicht.
Auch die Migrationspolitik der EU dürfte erneut zur Sprache kommen, nachdem der britische Premierminister David Cameron Maßnahmen gegen „Armutsmigration“ innerhalb der EU angekündigt hatte. So soll etwa der Zugang zu Sozialleistungen erschwert werden. Dazu hieß es aus Berlin, das europäische Recht lasse den nationalen Regierungen dafür Spielraum. Die Freizügigkeit innerhalb der EU sei aber ein hohes Gut.
Zur Entwicklung in der Ukraine sagte Merkel in ihrer Regierungserklärung, auch nach dem russischen Milliardenkredit für das Land bleibe das Angebot eines EU-Assoziierungsabkommens auf dem Tisch. Die Ukraine müsse aber garantieren, „was wir von jedem Land erwarten: vernünftige Garantien für die Demonstrationsrechte und die Einhaltung der demokratischen Grundregeln“.
In der ersten Bundestagsrede ihrer dritten Amtszeit sagte Merkel weiter: „Europa ist auf dem Weg zu Stabilität und Wachstum eine gutes Stück vorangekommen.“ Die Staatsschuldenkrise sei noch nicht vorüber, aber sie könne dauerhaft überwunden werden. Irland und Spanien könnten die Früchte ihrer Reformanstrengungen ernten und die europäischen Hilfsprogramme verlassen, Portugal, Zypern und Griechenland hätten deutliche Fortschritte gemacht.
Aber es gehe weiter darum, Ursachen der Krise zu bekämpfen, betonte Merkel. Dazu gehörten die übermäßige Verschuldung einiger Länder, Defizite in der Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Ungleichgewichte und gravierende Fehlentwicklungen im Finanzsektor. Konstruktionsmängel der Wirtschafts- und Währungsunion insgesamt müssten behoben werden.