Parteigremien tagen nach Wahl in Mecklenburg-Vorpommern

Schwerin/Berlin (dpa) - Die Spitzen der Bundesparteien werten heute die Landtagswahl in Nordosten aus. SPD und Grüne werden das Ergebnis als Signal für die Wahl in zwei Wochen in Berlin verkaufen. In der FDP dürfte die Diskussion um Kurs und Personal sich noch verschärfen.

Nach der Landtagswahl in Mecklenburg- Vorpommern analysieren die Parteien heute (Montag) ihre Ergebnisse. Auf der Bundesebene in Berlin kommen die Führungsgremien von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Für sie ist nach der Wahl vor der Wahl: In zwei Wochen wird in der Hauptstadt bereits das nächste Landesparlament gewählt.

In Schwerin will der Wahlsieger Erwin Sellering der SPD-Spitze Sondierungsgespräche mit CDU und Linken über die Bildung einer Koalition vorschlagen. Der Ministerpräsident, der bislang mit der CDU regierte, kann sich seinen Koalitionspartner aussuchen: Infrage kommt neben der zweitplatzierten Union auch die Linke. Sellering hielt sich am Wahlabend alle Optionen offen. Wichtige Kriterien seien Mindestlöhne und ein Nein zu neuen Schulden.

Nach dem offiziellen vorläufigen Ergebnis legte Sellerings SPD auf 35,7 Prozent zu (+5,5 Punkte). Die CDU landete bei nur 23,1 Prozent (-5,7) - und das, obwohl die Bundesvorsitzende Merkel sich für ihren Landesverband im Wahlkampf massiv eingesetzt hatte. Auch die Linke konnte mit 18,4 ihr schwaches Ergebnis von 2006 nur wenig verbessern (+1,6). Die noch nie im Schweriner Landtag vertretenen Grünen sprangen auf 8,4 Prozent (+5). Die FDP stürzte auf 2,7 Prozent ab (-6,9). Die rechtsextreme NPD kam auf 6,0 Prozent (-1,3).

Für die FDP ist es die zweite schwere Niederlage nach Amtsantritt des neuen Vorsitzenden Philipp Rösler. Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Kubicki sagte der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag), die FDP habe „kein Westerwelle-Problem, sondern ein Marken-Problem“, denn als Marke habe die FDP bei den Bürgern „generell verschissen“. Bundesvize Holger Zastrow bezeichnete das desaströse Wahlergebnis als Weckruf. „Die FDP muss endlich aufwachen: Wir müssen endlich wieder den politischen Gegner angreifen und mit der Selbstbeschäftigung aufhören“, sagte der sächsische Landeschef.

Der FDP-Parlamentsgeschäftsführer im Bundestag, Christian Ahrendt, war noch am Abend als Landeschef der Liberalen zurückgetreten. Der FDP-Landesvorstand trifft sich heute (Montag) in Rostock, um über die Nachfolge zu beraten. Ahrendts Rückzug kam für seine Parteifreunde überraschend, wie FDP-Fraktionschef Michael Roolf der dpa sagte. „Eigentlich sagt man so etwas erst einmal seiner Partei, ehe man an die Öffentlichkeit geht.“

SPD und Grüne, für die es in Schwerin nicht zu einer Koalition reicht, sehen im Ergebnis Rückenwind für die Berliner Abgeordnetenhaus-Wahl in zwei Wochen und bewerteten es auch als Signal für einen Regierungswechsel im Bund 2013.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe plädierte für eine Fortsetzung des rot-schwarzen Bündnisses in Schwerin. Linken-Chefin Gesine Lötzsch hingegen warb für Rot-Rot. Der Spitzenkandidat ihrer Partei, Helmut Holter, machte das schwache Bild der Linken im Bund für das ernüchternde Ergebnis verantwortlich.

Nach Einschätzung des intern kritisierten Linke-Chefs Klaus Ernst hingegen hat seine Partei mit den Themen Mindestlohn, gemeinsames Lernen, Bekämpfung der Leiharbeit und Suche nach sozialer Gerechtigkeit überzeugt. „Gezeigt hat sich auch, dass unsere Wähler sich vielleicht gar nicht von dem haben beeindrucken lassen, was durch die Medien an eigenen Streitereien rübergekommen ist“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“ (Montag).

Im neuen Schweriner Landtag stellt die SPD 28 Abgeordnete (bisher 22, nach Fraktionsaustritt eines Abgeordneten). Die CDU hat 18 (22) Sotze, Linke 14 (13), Grüne 6 (0) und NPD 5 (6). Die Wahlbeteiligung lag bei 51,4 Prozent - ein Negativ-Rekord im Nordosten (2006: 59,1).

Sellering (SPD) forderte nach dem Wiedereinzug der Rechtsextremisten in den Landtag Hilfe für ein NPD-Verbot. „Eine ganz wichtige Unterstützung wäre, wenn die westlichen Länder helfen würden, die NPD zu verbieten“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“.

Ein vorläufiges Endergebnis gibt es erst in zwei Wochen: Weil ein CDU-Direktkandidat gestorben ist, wurde die Wahl im Westen Rügens verschoben. ARD-Wahlforscher rechnen nicht mit größeren Auswirkungen.