Parteireform: Die Mitglieder dürfen öfter mitreden

Berlin (dpa) - Die SPD hat den umfassendsten Umbau ihrer Organisation seit 20 Jahren beschlossen. Der Bundesparteitag stimmte am Sonntagabend bei einigen Änderungen mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit der Organisationsreform zu.

Parteichef Sigmar Gabriel sagte nach den zehnstündigen Beratungen am ersten Tag des Parteitags, mit der Reform werde die SPD wieder „kampf- und kampagnenfähig“. So wie in den letzten Jahren habe es in der Parteiorganisation nicht weitergehen können.

Danach sollen die knapp 500 000 SPD-Mitglieder bei der Kandidatenaufstellung für öffentliche Ämter und Mandate oder bei der Wahl eines Vorsitzenden mitentscheiden, falls es mehrere Bewerber gibt. Über die Art der Beteiligung - etwa in Mitgliederversammlungen oder per Urwahl - soll jeder Bezirk selbst entscheiden.

Die schon auf Bundesebene vorgesehene Möglichkeit, die Mitglieder zu Sachthemen oder über den Kanzlerkandidaten bestimmen zu lassen, wird auf alle Ebenen ausgeweitet. Die Hürden für Mitgliederentscheide werden gesenkt. Abstimmungen sind auch Online oder per Briefwahl möglich. Nach Angaben von Generalsekretärin Andrea Nahles sollen die Mitglieder auch an der Ausarbeitung des Programms zur nächsten Bundestagswahl beteiligt werden. Eine ursprünglich auch geplante Einbeziehung von Nicht-Mitgliedern etwa bei der Wahl des Kanzlerkandidaten war zuvor am Widerstand in den SPD-Gliederungen gescheitert.

Der neue SPD-Vorstand, den der Parteitag am Montag wählt, wird von 45 auf 35 Mitglieder verkleinert und das Parteipräsidium abgeschafft. An die Stelle des bisherigen Parteirats tritt ein Parteikonvent mit echten Entscheidungsbefugnissen.

In der Aussprache gab es viel Widerstand vor allem gegen die Streichung von Vorstandsposten. Entgegen den Empfehlungen der Spitze konnten sich die SPD-Frauen mit dem Beschluss durchsetzen, dass weibliche Kandidatinnen auf den Listen zur Bundestagswahl im „Reißverschlussverfahren“ mindestens jeden zweiten aussichtstreichen Platz bekommen. Von mehreren Bezirken wurde auch die geplante Migrantenquote kritisiert. Nach dem Willen der Spitze sollen 15 Prozent der Vorstandsplätze für Sozialdemokraten mit ausländischen Wurzeln reserviert werden.