Personalkarussell für Wulff-Nachfolge kommt in Fahrt

Berlin (dpa) - De Maizière, Steinmeier, Göring-Eckardt? Auch wenn der Bundespräsident von einem Rücktritt weiter nichts wissen will: Über eine Nachfolge wird in Berlin schon kräftig spekuliert.

Die meisten Hörer fielen bei dieser Sensation aus allen Wolken: „Sie werden sehr erstaunt gewesen sein, meine lieben Landsleute, dass ich mich als Nachfolger unseres verehrten Herrn Bundespräsidenten zur Verfügung gestellt habe“, kündigte der Kanzler per Radioansprache an. Es war vor fast 53 Jahren, der Kanzler hieß Konrad Adenauer. Die Absicht des 83-Jährigen, die Nachfolge von Theodor Heuss anzutreten, stürzte die Republik damals in eine handfeste Verfassungskrise. Adenauer wollte die Machtbefugnisse des Staatsoberhaupts stärker ausreizen. Als er dabei auf Granit stieß, zog er seine Kandidatur kurzfristig zurück.

Nichts deutet darauf hin, dass seine CDU-Nachfolgerin Angela Merkel etwa darüber nachdenkt, selbst ins Schloss Bellevue zu wechseln, sollte Christian Wulff doch vorzeitig das Handtuch werfen. Doch das Berliner Personalkarussell über einen potenziellen dritten Bundespräsidenten in zwei Jahren nimmt Fahrt auf, seit auch Unions-Politiker auf Distanz zu Wulff gehen.

In den Blick kommt dabei vor allem wieder Joachim Gauck. Doch ein neuer Anlauf des Ex-DDR-Bürgerrechtlers gilt als unwahrscheinlich. Man werde ihn im Fall der Fälle sicher fragen, es sei aber wohl mit einer Absage zu rechnen, heißt es in der SPD-Spitze auch mit Hinweis darauf, dass Merkel Gauck diesen Triumph kaum gönnen dürfte.

Ansonsten kursieren zwar bereits weitere Namen für eine mögliche Wulff-Nachfolge. Doch ein richtiger Favorit ist noch nicht darunter. Der Versuch, Frank-Walter Steinmeier ins Gespräch zu bringen, wird in der SPD als Versuch aus der Union bewertet, ihn als nächsten SPD-Kanzlerkandidaten vorzeitig aus dem Rennen zu werfen. „Ich habe ein schönes Amt“, winkt der SPD-Fraktionschef ab.

Für den Fall, dass wegen der äußerst knappen Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung ein gemeinsamer Kandidat gewollt sein sollte, fällt bereits der Name von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der sich mit der Kanzlerin gut versteht. In die engere Wahl kommen könnte in der schwierigen Lage nach einem Wulff-Rücktritt auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle. Viele erinnern sich noch daran, dass alle Parteien mit Roman Herzog nach seinen Jahren in Karlsruhe gute Erfahrungen als Staatsoberhaupt gemacht haben.

Falls Schwarz-Gelb aber auf einen eigenen neuen Bewerber beharrt, kursiert neuerdings der Name von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der auch in der SPD Respekt genießt. Wegen seiner Eigenständigkeit hat sich der Parlamentschef Norbert Lammert (CDU) in der Unions-Fraktion viele Feinde gemacht. Größere Chancen auf Stimmen aus der Union hätte wohl Lammerts Stellvertreterin Katrin Göring-Eckardt. Die Wahl der Grünen-Politikerin zum ersten weiblichen Staatsoberhaupt könnte auch als Signal für eine schwarz-grüne Bundesregierung nach 2013 verstanden werden.