Pflegebeitrag steigt - SPD-Kritik

Berlin (dpa) - Die von der FDP seit Monaten geforderte Einführung einer verpflichtenden Zusatzvorsorge für künftigen Pflegebedarf ist vom Tisch.

Die Koalitionsspitzen einigten sich am Sonntag im Kanzleramt stattdessen auf steuerliche Anreize für eine freiwillige Vorsorge nach dem Muster der Riester-Rente. Der Pflegebeitrag steigt zum 1. Januar 2013 um 0,1 Punkte auf 2,05 Prozent. Die damit gewonnenen Mittel in Höhe von einer Milliarde Euro jährlich sollen vor allem den Demenzkranken dienen, die heute in der Pflegeversicherung oft leer ausgehen - sowie ihren Angehörigen.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Das ist eine vernünftige Lösung.“ Sie ermögliche schnell und wirksam die Situation für Pflegebedürftige und deren Angehörige zu verbessern. „Der besondere Betreuungsaufwand für Demenz wird endlich berücksichtigt.“ CSU-Chef Horst Seehofer sagte: „Das ist eine schöne Sache, und es ist mit Augenmaß gemacht.“

Zudem soll der Regierungsbeirat wieder eingesetzt werden, der bereits Bahrs Vorvorgängerin Ulla Schmidt (SPD) Vorschläge für eine bessere Eingruppierung der Dementen in die Versicherung gemacht hatte, bestätige ein Sprecher. Die Experten sollen darlegen, wie die Altersverwirrten umfassend besser versorgt werden können. Der Finanzrahmen dabei bleibe aber wie beschlossen, hieß es.

Von den 1,2 Millionen Altersverwirrten werden etwa 750 000 mit geringer Hilfe zu Hause gepflegt. Familienangehörige gehen zu Hunderttausenden auf dem Zahnfleisch. Der Regierungsbeirat hatte bereits 2009 ausgerechnet, dass eine Neueinstufung von Dementen bis zu vier Milliarden Euro kostet.

„Wir schaffen den Einstieg in den Pflegebedürftigkeitsbegriff und in die private kapitalgedeckte Vorsorge“, sagte Bahr. „Damit können die Menschen sicher sein, dass das Geld, das sie für ihre Pflege zurücklegen, auch dafür zur Verfügung steht.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, trotz des Beitragsplus' sänken die Sozialbeiträge insgesamt, da die Rentenbeiträge um 0,3 Prozentpunkte fielen.

Im Bundesgesundheitsministerium geht man davon aus, dass trotz Freiwilligkeit eine geförderte private Zusatzvorsorge breit angenommen werde. Dort verwies man darauf, dass es 16 Millionen Verträge für Riester-Rente und 18 Millionen für betriebliche Altersvorsorge gebe.

Zu Bahrs Plänen zählt laut seinem Ministerium, dass sich Pflegebedürftige auch dafür entscheiden können, dass ambulante Pflegedienste für eine bestimmte Dauer zu ihnen kommen. Auf bestimmte Leistungen sollen die Pfleger dann nicht festgelegt werden.

Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Manuela Schwesig (SPD) kritisierte den Kompromiss als ungenügend. „Aus den Verhandlungen der Koalition mit dem bisher so glücklosen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr ist ein pflegepolitischer Offenbarungseid herausgekommen, der zeigt, dass die hoffnungslos zerstrittenen Koalitionäre weder Mut noch Kraft für tiefgreifende Reformen im Sinne der Pflegebedürftigen haben.“