Politikberater: Interview als letzte Möglichkeit für Wulff
Berlin (dpa) - Ein Fernsehinterview zur besten Sendezeit stellt nach Ansicht des Politikberaters Michael Spreng die einzig verbleibende Möglichkeit für den scharf kritisierten Bundespräsidenten Christian Wulff dar.
„Wulff musste an die Öffentlichkeit gehen, er stand mit dem Rücken an der Wand und versucht jetzt einen Befreiungsschlag. Insofern hatte er keine andere Wahl“, sagte Spreng am Mittwoch vor der Aufzeichnung des TV-Interviews der Nachrichtenagentur dpa in Berlin.
Ein derartiges Interview ohne vorherige Kenntnis der Fragen berge auch Risiken. Spreng: „Aber selbst wenn es schiefgeht, kann es ja nicht schlimmer werden, als es jetzt schon ist.“ Wichtig sei bei dem Interview vor allem, dass Wulff versuche, seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.
Für eine Erklärung vor der Presse - ähnlich der, die Wulff im Dezember abgegeben hatte - seien inzwischen zu viele Fragen offen. „Diese hätten mit einer Erklärung nicht beantwortet werden können, außerdem hätten die Journalisten dies als unbefriedigend empfunden.“
Der Versuch eines Befreiungsschlages in Form eines Interviews zur besten Sendezeit sei allerdings höchst ungewöhnlich, sagte Spreng. „Noch nie hat ein Bundespräsident den beiden größten deutschen Fernsehanstalten Rede und Antwort stehen müssen über sein eigenes Leben und über seine privaten Verfehlungen. Das ist schon sicher eine historische Neuheit.“
Einen Durchbruch erwartete Spreng von dem Interview aber nicht. „Für Wulff ist die Lage so verfahren, und sein Ruf und seine moralische Autorität sind so angeschlagen, dass das - wenn überhaupt - nur ein erster Reparaturversuch sein kann.“
Spreng hätte dem Bundespräsidenten ein anderes Vorgehen empfohlen. „Wulff hätte sich schon einer Pressekonferenz stellen müssen, ohne zeitliches Limit. Die Journalisten können ja nicht alle Fragen in einer Viertelstunde behandeln. So hat das immer noch den Charakter einer Sondersendung, wo am Ende dann Fragen wahrscheinlich offen blieben.“
Der Bundespräsident steht wegen eines umstrittenen Hauskredits und Drohanrufen bei der „Bild“-Zeitung in der Kritik. Am Mittwochabend wollte Wulff sich einem viertelstündigen Fernsehinterview stellen, das ARD und ZDF um 20.15 Uhr ausstrahlen wollten.