Porträt: Der Vater des Amokläufers
Stuttgart (dpa) - Sein 17-jähriger Sohn hat viele Menschen getötet, sein Vater erhielt nun für die ungesicherte Aufbewahrung der Tatwaffe eine Bewährungsstrafe.
Wer ist dieser Mann, der sich dem Prozess vor dem Landgericht Stuttgart über weite Strecken durch Abwesenheit auf der Anklagebank entzogen hat?
Liest man die Vernehmungsprotokolle der Polizei, fallen ungelenke Sprache, abgehackte Sätze und grammatikalische Fehler auf. Der Vater von Tim K. hat erkennbar Schwierigkeiten, seine Gedanken zu formulieren. Glaubt man den Gutachtern, verhält es sich mit seinem Gefühlsleben ähnlich. Die Arbeit für seine Firma in einer Nachbargemeinde von Winnenden hat für den Geschäftsmann, der sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet hat, stets im Vordergrund gestanden.
Einen tiefen emotionalen Zugang zu seinem Sohn hatte der Mann wohl nicht, aber möglicherweise eine ähnliche Art, persönliche Defizite zu kompensieren. So interpretieren die Gutachter das Arsenal an Gewehren und Pistolen sowie tausenden Schuss Munition, die der Vater von Tim K. zu Hause aufbewahrte.
Dass er mit seinem Sohn zum Schießtraining ging, obwohl er über dessen Sorge, manisch-depressiv zu sein, wusste, dürfte eher als Sprach- und Hilflosigkeit zu werten sein. Wenn schon kein Gespräch über seelische Nöte möglich war, wollte der Vater seinen Sohn wenigstens unter Leute bringen. Auch sonst versuchten die Eltern, Tim alle Wünsche zu erfüllen - seien es Killerspiele für den PC oder eine Softair-Pistole.
Blieb der Vater während des ganzen Prozesses - vermutlich auf Anraten seiner Verteidiger stumm - brachen doch Worte der Reue und des Bedauerns nach deren Plädoyer aus ihm heraus. Auf die Hinterbliebenen wirkten sie allerdings wenig glaubwürdig. Die meisten sahen darin einen taktischen Versuch, eine drohende Gefängnisstrafe abzuwenden.
Sie haben das lange Fernbleiben des Angeklagten vom Prozess als Schlag ins Gesicht empfunden und sehen sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass der Mann nicht zu seiner Verantwortung stehen kann. Schließlich habe er auch seine Firma bereits seiner Frau überschrieben und versuche, sein Vermögen vor Schadenersatzansprüchen zu retten.