Rainer Brüderle: Auf die alten Tage noch FDP-Spitzenkandidat
Berlin (dpa) - Im Laufe von vier Jahrzehnten Karriere ist Rainer Brüderle schon fast alles geworden, was man als FDP-Politiker werden kann: Landesminister, Vize-Ministerpräsident, Bundesminister, Chef der Bundestagsfraktion.
Auf die alten Tage - im Juni wird er 68 - hätte Brüderle nun sogar den Parteivorsitz übernehmen können. Das Angebot von Philipp Rösler schlug er am Montag aber aus. Jetzt sollen die beiden so ungleichen Männer die FDP als Tandem in die Bundestagswahl führen - Rösler als Parteichef und Vizekanzler, Brüderle als Spitzenkandidat.
Nicht nur wegen des Altersunterschieds von knapp 30 Jahren ist die Konstellation ungewöhnlich. Brüderle hatte seinen Nachfolger im Amt des Wirtschaftsministers am Freitag noch öffentlich in Frage gestellt. Die 9,9 Prozent bei der Niedersachsen-Wahl waren dann aber auch für Brüderle - Parteimitglied seit 1973 - eine Überraschung. Der Putsch gegen Rösler fiel aus.
Dabei hat der studierte Volkswirt in der Politik so ziemlich alles erlebt. Geprägt ist er durch Fleiß, Lebensfreude und das wichtige Vitamin B. Vom Vater, der in Landau (Rheinland-Pfalz) einen Krämerladen führt, lernte er das Einmaleins des Kapitalismus. Heute sieht er sich als Garant des liberalen Markenkerns: für Wettbewerb und weniger Staat.
Zu Brüderle gehören aber auch manchmal schräge Sprüche mit pfälzischem Zungenschlag. Das mag nicht jeder. Noch gar nicht so lange ist es her, dass er von der jungen FDP-Garde quasi zum Auslaufmodell erklärt wurde. Im Frühjahr 2011 musste er den Landesvorsitz in Rheinland-Pfalz nach 28 Jahren aufgeben. Auch den Posten als Bundesvize ließ er sein.
Aus dem Wirtschaftsministerium wechselte Brüderle seinerzeit an die Spitze der FDP-Bundestagsfraktion, was für Überraschung sorgte. Damit hatte er sich eine neue Machtbasis geschaffen. Für die schwarz-gelbe Koalition ist er heute eine der prägenden Figuren.