Saif al-Islam: Der Einpeitscher

Berlin (dpa) - So widersprüchlich wie die Meldungen über sein Schicksal zuletzt waren, so widersprüchlich war bislang auch das Leben von Saif al-Islam.

Lange Zeit galt der 1972 geborene zweitälteste Sohn von Muammar al-Gaddafi als das liberale Gesicht des Despotenclans - smart, eloquent, weltmännisch. Er studierte in Tripolis, Wien und London Architektur und Wirtschaft, besaß mehrere Unternehmen, war gern gesehener Gast in der westeuropäischen Society und redete oft von Reformen.

Was davon zu halten war, zeigte sich, als der Umsturz in Libyen begann. Anfang Februar trat der Mann mit der hohen Stirn und der Brille plötzlich als Scharfmacher in Tripolis ins Rampenlicht. Kühl warnte Saif al-Islam, dessen Vorname mit „Schwert des Islam“ übersetzt wird, vor einem Islamisten-Staat, vor Chaos und Bürgerkrieg, falls der Aufstand nicht beendet werde.

Seither galt Saif al-Islam als Sprachrohr des Regimes, als Einpeitscher, der sich immer wieder mit Durchhalteparolen zu Wort meldete. Seine letzten großen Auftritt hatte er Ende August, als er kurz nach der Eroberung von Tripolis durch die Rebellen mitten in der Nacht vor einem internationalen Hotel auftauchte und vor Journalisten den Sieg des Gaddafi-Regimes verkündete.

Bis zum Schluss wurde vermutet, dass sich Saif al-Islam an der Seite seines Vater in Sirte versteckt hielt. Sollte sich seine Festnahme bestätigten, wäre der letzte, noch in Libyen flüchtige Gaddafi-Sohn dingfest gemacht worden. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes forderte seine Auslieferung nach Den Haag. Gegen Saif al-Islam liegt ein internationaler Haftbefehl wegen schwerer Kriegsverbrechen vor.