Syrien-Tragödie: Vereinte Nationen schlagen Alarm
München (dpa) - Die Vereinten Nationen haben ein dramatisches Bild der Lage in Syrien gezeichnet und die Weltgemeinschaft aufgefordert, nicht wegzuschauen.
„Die Lage in Syrien ist schlimm, und sie wird schlimmer“, sagte UN-Vermittler Lakhdar Brahimi auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Er sprach von Städten, die zerstört seien wie Berlin am Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Der UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres sagte: „Ich habe keinen Zweifel, dass der Syrien-Konflikt die schlimmste humanitäre Krise mindestens seit dem Völkermord in Ruanda ist.“
Im syrischen Bürgerkrieg sind in den vergangenen drei Jahren mehr als 130 000 Menschen getötet worden. Die Zahl der Flüchtlinge wird von den UN auf rund neun Millionen geschätzt - 2,4 Millionen außerhalb und 6,5 Millionen innerhalb des Landes. Syrien hat 22 Millionen Einwohner.
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu forderte am Sonntag in München, mit einer UN-Resolution humanitäre Hilfe für ganz Syrien zu ermöglichen. „Wenn die Aufgabe der UN die Gewährleistung von interationaler Sicherheit, Stabilität und Frieden ist, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, es zu tun“, sagte er. „Wir sollten dieses Treffen nicht in diesen Räumen, sondern in Flüchtlingscamps abhalten.“
Brahimi kam direkt aus Genf nach München, wo die Bürgerkriegsparteien eine Woche lang ergebnislos verhandelt hatten. Der UN-Vermittler zeigte sich tief enttäuscht über den Gesprächsverlauf. „Wir haben nichts erreicht“, sagte er. Er habe zumindest in humanitären Fragen auf Fortschritte gehofft, doch selbst die habe es nicht gegeben. „Wir sind in gewisser Weise gescheitert“, gestand Brahimi ein. Er hoffe nun auf eine Fortsetzung der Gespräche am 10. Februar, was aber nicht sicher sei.
An die internationale Gemeinschaft appellierte Brahimi, sich nicht abzuwenden. „Wenn wir nicht die öffentliche Meinung und Regierungen mobilisieren, werden die Dinge schwierig bleiben“, sagte er und warnte vor einem Flächenbrand in der gesamten Region. Der Konflikt weite sich durch das Flüchtlingsproblem und Waffenlieferungen bereits aus. Er könnte zum Problem nicht nur für die Region, sondern auch darüber hinaus werden.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Opposition und Regierung Syriens auf, die Verhandlungen über eine Beilegung des Bürgerkriegs ernsthaft und aufrichtig fortzusetzen. „wir haben einen Anfang gemacht, wir reden miteinander und das ist die einzige Hoffnung für eine politische Lösung“, sagte der Generalsekretär. „Wenn die Konfliktparteien zurückkommen, dann sollten sie noch ehrlicher und ernsthafter sein als bisher.“
Der saudische Prinz Turki al-Faisal beschuldigte die syrische Regierung von Baschar al-Assad des Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Er klagte aber auch fast die gesamte restliche Weltgemeinschaft an, nichts gegen das Blutvergießen in Syrien zu tun. „Ich klage auch den Rest der Weltgemeinschaft an, sich zurückzulehnen und nichts zu tun.“ Faisal ist ein einflussreiches Mitglied der saudischen Königsfamilie und war viele Jahre Chef des saudischen Geheimdienstes.