Türkische Zeitung klagt in Karlsruhe
Karlsruhe (dpa) - Die türkische Zeitung „Sabah“ klagt vor dem Bundesverfassungsgericht auf Zulassung zum Münchner NSU-Prozess. Die Karlsruher Richter wollen möglichst noch vor Beginn des Strafverfahrens am 17. April über den Eilantrag entscheiden, sagte ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts am Samstag der Nachrichtenagentur dpa in Karlsruhe.
Türkische Medien waren bei der Vergabe der 50 reservierten Presseplätze leer ausgegangen - obwohl acht von zehn Mordopfern der Neonazi-Terroristen türkische Wurzeln haben. Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte die Akkreditierungen nach der Reihenfolge des Eingangs vergeben - und im Gegensatz zu anderen Strafverfahren gab es kein spezielles Kontingent für ausländische Medien.
Die Zeitung „Sabah“ beruft sich auf die Pressefreiheit und den Gleichbehandlungsgrundsatz. „Ausländische Medien im Allgemeinen und meine Mandanten im Besonderen hatten eben nicht die gleichen Chancen, sich für das Verfahren zu akkreditieren“, betonte Rechtsanwalt Ralf Höcker, der das Blatt vertritt. „Einige Medien waren besser und schneller darüber informiert, ab wann sie sich akkreditieren können, als andere.“
Außerdem sei das „Windhundprinzip“ in einem derartigen Verfahren als alleiniges Auswahlkriterium nicht geeignet, sagte Höcker. „Das Gericht hatte und hat noch immer alle Chancen, die Platzvergabe in einer Weise zu regeln, die der Bedeutung des Verfahrens gerecht wird.“
Der FDP-Bundestagsabgeordnete Serkan Tören forderte das OLG auf, über eine neue Platzvergabe nachzudenken. „Es gibt ein berechtigtes Interesse der türkischen Medien, an dem Prozess teilzunehmen. Sonst könnte auch in der türkischstämmigen Bevölkerung der falsche Eindruck entstehen, dass da etwas vertuscht werden soll“, sagte Tören der Nachrichtenagentur dpa. Der in der Türkei geborene Parlamentarier ist Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag.
Die Nichtberücksichtigung türkischer Medien schade dem Ansehen der Bundesrepublik, meint Tören. „Bei Prozessen, wie beispielsweise in Russland oder der Ukraine, sind wir als Bundesrepublik Deutschland mit der Forderung immer an erster Stelle, wenn es um ausländische Prozessbeobachtung geht.“