USA warnen: Nordkorea "sehr nahe an gefährlicher Linie"

Washington/Seoul. Nordkorea bewegt sich nach den Worten von US-Verteidigungsminister Chuck Hagel nach zahlreichen Angriffsdrohungen „sehr nahe an einer gefährlichen Linie“.

„Ihre Taten und ihre Worte haben nicht geholfen, eine entflammbare Situation zu entschärfen“, sagte der Pentagonchef am Mittwoch in Washington. Die USA hofften weiterhin, dass Pjöngjang von der kriegerischen Rhetorik Abstand nehme. Falls nicht, sei Amerika vorbereitet, auf jede Eventualität zu reagieren.

Nach Einschätzung des südkoreanischen Militärs bereitet sich Nordkorea möglicherweise auf den Abschuss mehrerer Raketen zur gleichen Zeit vor. Die nordkoreanischen Streitkräfte hätten entlang der Ostküste mehrere mobile Startrampen aufgestellt. Das hätten Militärs in Südkorea am Donnerstag bestätigt, berichtete der Rundfunksender KBS.

Neben einer oder zwei Mittelstreckenraketen könnten in Nordkorea Scud-Raketen mit Reichweiten von 300 bis 500 Kilometern und Nodong-Raketen abgefeuert werden, die über 1300 Kilometer weit fliegen. Zudem gebe es Anzeichen, dass mindestens eine Musudan-Mittelstreckenrakete mit einer geschätzten Reichweite von 3000 bis 4000 Kilometern betankt worden sei. Eine Rakete dieses Typs gilt als ungetestet.

Ein solcher Schritte wäre eine deutliche Eskalation in der ohnehin stark angespannten Situation auf der koreanischen Halbinsel. Die südkoreanischen und die US-Streitkräfte sind daher in erhöhter Alarmbereitschaft. Das gemeinsame Truppenkommando setzte das vierstufige Warnsystem „Watchcon“ von Stufe drei auf zwei, berichtete am Donnerstag die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf das Präsidialamt in Seoul. Allerdings sei die Maßnahme bereits seit Anfang März in Kraft. Stufe zwei wird bei Anzeichen für eine „kritische Bedrohung“ wirksam, Stufe eins gilt für Kriegszeiten. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte die Erhöhung der Wachsamkeitsstufe.

Der Kommandeur der US-Streitkräfte im Pazifik, Admiral Samuel Locklear, bestätigte, dass Nordkorea mindestens eine Mittelstreckenrakete des Typs Musudan an die Ostküste des Landes verlegt habe. Die Rakete könnte theoretisch die US-Pazifikinsel Guam, jedoch nicht das amerikanische Festland treffen, sagte Locklear dem Streitkräfteausschuss des US-Senats am Dienstag in Washington.

Die USA würden die Rakete notfalls „zur Verteidigung der Heimat“ und der Alliierten abfangen. Von einem solchen Schritt riet der Admiral jedoch für den Fall ab, dass die Rakete auf kein bestimmtes Ziel gerichtet sei. Locklear bezeichnete den Test von Langstreckenraketen und Nuklearwaffen durch das kommunistische Nordkorea als Bedrohung für die nationale Sicherheit Amerikas sowie für Frieden und Stabilität in der gesamten Region.

Nach Informationen der Aufklärung könne ein Raketenstart in Nordkorea „jederzeit erfolgen“, sagte der südkoreanische Außenminister Yun Byung Se am Mittwoch vor einem Parlamentsausschuss in Seoul. Die Musudan-Rakete habe eine Reichweite von schätzungsweise 3500 Kilometern. Yun warnte Nordkorea vor den Folgen eines Raketentests. Der UN-Sicherheitsrat würde sofort zusammentreten, weil dem Land nach UN-Resolutionen solche Starts unter Nutzung ballistischer Technologie untersagt seien.

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel gilt seit dem dritten Atomtest in Nordkorea im Februar als extrem gespannt. Pjöngjang hatte angesichts der Ausweitung von UN-Sanktionen und südkoreanisch- amerikanischen Militärmanövern den Waffenstillstandsvertrag von 1953 aufgekündigt, den USA einen atomaren Präventivschlag angedroht und den „Kriegszustand“ mit Südkorea ausgerufen. dpa