Welche Folgen hat eine Schwäche der Euro-Währung?
Frankfurt/Main (dpa) - Die Schuldenkrise belastet den Euro. Die Talfahrt nährt Sorgen. Europas Währungshüter beschwichtigen: Der Euro ist unangefochten die Nummer zwei weltweit nach dem US-Dollar.
Zu Wochenbeginn sackte die Gemeinschaftswährung erstmals seit gut zwei Jahren unter die Marke von 1,21 US-Dollar. Binnen Jahresfrist verlor der Euro zum Dollar mehr als zwanzig Cent, zum japanischen Yen liegt er auf dem tiefsten Stand seit elf Jahren. Die Euro-Abschwächung und ihre Auswirkung:
Muss man sich jetzt Sorgen um den Euro machen?
Der Euro ist schwächer, aber nicht schwach - auf diesen Nenner könnte man die Meinung von Devisen- und Konjunkturexperten bringen. Die Europäische Zentralbank (EZB) kommt in ihrem kürzlich vorgelegten Bericht über die internationale Rolle des Euro zu dem Schluss: Der Euro habe bei Finanzprofis weltweit trotz der Dauerkrise in Europa bislang nicht an Attraktivität eingebüßt. Als zweitwichtigste Reservewährung der Welt nach dem US-Dollar habe er sich relativ stabil gehalten. Die Bundesbank bekräftigt in ihrem am Montag veröffentlichten Monatsbericht: „Der Euro fungiert ähnlich wie derzeit sonst nur der US-Dollar als zentrale Währung eines bedeutenden Währungsblocks.“
Wem nutzt der aktuell niedrige Eurokurs - und wem schadet er?
Vor allem die starke deutsche Exportwirtschaft kann von einem niedrigeren Euro-Dollar-Kurs profitieren. Denn tendenziell werden in der Folge deutsche Waren auf den Weltmärkten günstiger. Andererseits zahlen wichtige Absatzmärkte Europas wie die USA und Japan den Preis für diese Entwicklung. Und in der Heimat werden importierte Waren - zum Beispiel alles was am Öl hängt - teurer. „Das schwächt die Kaufkraft der Verbraucher“, erklärt Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.
Wie wird sich der Eurokurs weiter entwickeln?
Commerzbank-Volkswirt Solveen geht davon aus, dass der Euro in der nächsten Zeit tendenziell schwächer wird. „Solange die Europäische Zentralbank immer mehr Geld druckt, wird der Euro eher schwächer, weil die Inflationsgefahr steigt.“ Insgesamt sei die Situation alles andere als harmlos, analysiert Christian Apelt von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba): „Von Griechenland bis Spanien spitzt es sich im Moment eher zu. Die Schuldenkrise hat aktuell auch den Devisenmarkt fest im Griff.“ Spekulanten wetten bereits massiv gegen den Euro. Doch die Lage kann sich rasch wieder drehen, wie ein Blick in die Historie der 13 Jahre alten Gemeinschaftswährung zeigt: Bisweilen heftige Kursschwankungen sind im Grunde normal. Im Sommer 2008 war ein Euro kurzzeitig mehr als 1,60 US-Dollar wert.
Gibt es eine Schmerzgrenze für die Bewertung des Euro?
„Es gibt keine Schmerzgrenze bei der Kursentwicklung“, sagt Commerzbank-Ökonom Solveen - sowohl in der einen wie in der anderen Richtung. Steigt der Eurokurs, sorgt sich mancher um die Wettbewerbsfähigkeit der Exporte aus Euroland - denn die werden dann im Welthandel tendenziell teurer. Sinkt der Kurs, ist die Sorge groß, dass der Euro Vertrauen und Bedeutung einbüßt. Helaba-Experte Apelt wertet die Marke von 1,19 US-Dollar als wichtige psychologische Marke: So tief habe der Euro zuletzt vor fast genau zwei Jahren, Anfang Juni 2010, gestanden.
Welche Probleme müssen die Eurostaaten noch lösen?
Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und Co. haben vor allem mit einem zu kämpfen: Das Vertrauen, dass die Politik die Krise in den Griff bekommt, ist nach zwei Jahren Dauerturbulenzen empfindlich geschrumpft. Dass die Währungsunion Schwächen hat, ist inzwischen allgemein anerkannt. Doch wie sehr die Staaten tatsächlich bereit sind, Entscheidungsgewalt nach Brüssel zu verlagern, zum Beispiel um solide Staatsfinanzen zu garantieren, bleibt abzuwarten. „Wenn wir den Euro weiter wollen, dann werden wir an einer Vergemeinschaftung der Schulden sowie einem klaren Bekenntnis zu einer echten Wirtschafts- und Fiskalunion nicht vorbeikommen“, meint Jens Wilhelm, Vorstandsmitglied der Fondsgesellschaft Union Investment. Otmar Issing, ehemals Chefvolkswirt der Deutschen Bundesbank und später der EZB, befand schon 1991: „Es gibt in der Geschichte kein Beispiel für eine dauerhafte Währungsunion ohne deren Garantie durch einen Staat.“