Übernahme Monsanto 70 Milliarden Dollar für Monsanto - Bayer will den Mega-Deal
Pharmakonzern ist bereit, bis zu 70 Milliarden Dollar für US-Gentechnikfirma Monsanto zu zahlen. Am Mittwoch grünes Licht vom Aufsichtsrat.
Düsseldorf. Am Mittwoch trifft sich der Aufsichtsrat des Bayer-Konzerns zu einer historischen Sitzung. Es geht um die Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto. Der Vorstand wird die Erlaubnis erhalten, sein Gebot für das umstrittene Unternehmen mit Sitz in St. Louis/Missouri erneut zu erhöhen. Die Leverkusener sind wohl bereit, bis zu 70 Milliarden Dollar für den Konkurrenten zu bezahlen — es wäre die größte Übernahme, die ein deutscher Konzern je gestemmt hat.
Heiß ist das Thema schon seit Mai dieses Jahres. Bayer bot je Monsanto-Aktie 122 Dollar. Dies entsprach einem Volumen von 62 Milliarden Dollar (gut 55 Milliarden Euro). Die Aktionäre reagierten geschockt. Binnen weniger Wochen fiel der Bayer-Kurs, der im April noch bei 110 Euro lag, auf 84 Euro zurück.
Vielen Anlegern schien der Preis zu hoch. Zudem sorgten sie sich um das Image von Bayer, denn der Ruf von Monsanto ist denkbar schlecht. Als Vorreiter in Sachen Genpflanzen und Hersteller des Unkrautvernichters Glyphosat wird die Firma weltweit angefeindet. Kritiker werfen Monsanto vor, Bauern zu drangsalieren und ohne jede Rücksicht auf die Verbraucher Gentechnik im Essen durchsetzen zu wollen.
Das alles war und ist dem neuen Bayer-Chef Werner Baumann bestens bekannt. Trotzdem gab der Krefelder nur wenige Wochen nach seiner Amtsübernahme im Frühjahr in Sachen Monsanto Vollgas. Er ist felsenfest davon überzeugt, das Richtige zu tun. Angesichts dieser klaren Haltung kehrte auch das Vertrauen vieler Anleger zurück. Inzwischen hat sich die Bayer-Aktie erholt und liegt bei 93 Euro.
Baumann genießt zudem die volle Rückendeckung des Aufsichtsrates. Das erste Gebot wurde im Zuge der äußerst zähen Verhandlungen zunächst auf 125 und inzwischen auf 127,50 Dollar je Aktie erhöht. Das Volumen der Offerte beträgt damit bereits 65,6 Milliarden US-Dollar.
Monsanto-Chef Hugh Grant widerstrebt es, das von ihm geführte Unternehmen an die Deutschen zu verkaufen. Aber er weiß nur zu gut, dass alles seinen Preis hat. Nachdem Bayer seine Offerte nachgebessert hat, bestätigte er „konstruktive Gespräche“ mit dem Leverkusener Konzern.
Offensichtlich stehen in den nächsten Tagen die entscheidenden Treffen an. Realistisch erscheint, dass Bayer mit einem Gebot im Bereich von 130 bis 132 Dollar zum Zuge kommt. Finanziert wird der Deal zum größten Teil über Kredite. Angesichts des extrem billigen Geldes und der Aussicht auf üppige Gewinne bei der neuen US-Tochter sieht Baumann darin kein unkalkulierbares Risiko.
Für den deutschen Chemieriesen, der auf die Sparten Pharma und Agrar setzt, könnte die Übernahme zum ganz großen Wurf werden. Mit Monsanto wäre Bayer unangefochten Weltmarktführer bei Pflanzenschutz und Saatgut (Agrochemie) und würde sich das Wissen des US-Konzerns über genverändertes Saatgut erschließen. In Kombination mit den klassischen Mitteln zur Unkraut-, Pilz- und Schädlingsbekämpfung hätte der Konzern alles im Angebot.
Angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung gilt die Agrochemie als lukrative Schlüsselbranche. Wer dabei welche Marktposition einnimmt, wird derzeit neu sortiert. Die US-Konzerne Dupont und Dow Chemical haben jüngst ihre Fusion angekündigt. Zuvor hatte das Monsanto-Management versucht, den Schweizer Wettbewerber Syngenta zu übernehmen. Das misslang. Kurz darauf stimmten die Schweizer dem Verkauf an den chinesischen Staatskonzern Chemchina zu.
Dass nicht alle den Baumann-Kurs für richtig halten, zeigt zum Beispiel die Haltung seines Vorgängers Marijn Dekkers. Als er noch Bayer-Chef war, beurteilte Dekkers den möglichen Monsanto-Deal sehr skeptisch. Auch an der Börse gibt es nach wie vor Stimmen, die einen Preis von fast 70 Milliarden US-Dollar für überhöht halten.
Ganz anders Baumann. Er will die Übernahme und hat das Geschäft eng mit seiner Person verknüpft. Sollte Monsanto-Chef Grant selbst Gebote jenseits der 130-Dollar-Marke ablehnen, könnte es sein, dass Baumann sogar eine feindliche Übernahme wagt. Gut möglich, dass der Republikaner Donald Trump das Thema dann im US-Wahlkampf aufgreift und zur Verteidigung des amerikanischen Konzerns aufruft. Für Bayer wäre eine solche Kampagne ein Image-Desaster und vermutlich das Aus im Übernahme-Poker. Ob Baumann sich bei einem solchen Szenario an der Konzernspitze halten könnte, ist zweifelhaft.