Älteste Schweizer Bank schließt nach US-Steuerurteil

New York (dpa) - Nach 272 Jahren ist Schluss beim ältesten Schweizer Geldhaus: Eine Verurteilung in den USA wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung besiegelt das Ende der Privatbank Wegelin & Co.

„In Kürze wird der Bankbetrieb eingestellt, und die verbleibenden Aufgaben werden von einer Zweckgesellschaft weitergeführt“, erklärte das Institut aus St. Gallen am Dienstag.

Der New Yorker Richter Jed Rakoff hatte am späten Montag (Ortszeit) sein Urteil gesprochen. Eine Überraschung war es nicht: Die Bank muss mit insgesamt 74 Millionen Dollar (57 Mio Euro) dafür büßen, dass sie ihren Kunden dabei geholfen hatte, mehr als 1,2 Milliarden Dollar vor dem amerikanischen Fiskus zu verstecken. Wegelin hatte sich Anfang Januar schuldig bekannt und den jetzt abgesegneten Deal mit der Staatsanwaltschaft ausgehandelt.

Es sei das erste Mal, dass eine ausländische Bank wegen eines solchen Falles in den USA verurteilt worden sei, teilte die Bundesstaatsanwaltschaft von Manhattan mit. „Wegelin hat einen hohen Preis gezahlt“, erklärte der leitende Staatsanwalt Preet Bharara.

Allerdings lebt der weitaus größte Teil von Wegelin weiter, wenn auch unter anderem Namen und mit einem neuen Besitzer: Das Traditionshaus hatte aus Furcht vor einer existenzbedrohenden Strafe schon vor einem Jahr sein unkritisches Geschäft verkauft. Die meisten Mitarbeiter und die Privatkunden außerhalb der USA wechselten in die Notenstein Privatbank, die von der Raiffeisen Schweiz übernommen wurde. Notenstein verwaltet nach eigenen Angaben mit 700 Leuten Vermögen über 21 Milliarden Franken (17 Mrd Euro).

Die US-Justiz macht seit Jahren verstärkt Jagd auf Steuersünder und hat sich dabei vor allem auf Schweizer Banken eingeschossen. Die UBS musste 2009 in einem Vergleich 780 Millionen Dollar berappen und sollte Tausende Kundendaten preisgeben. Es gab in diesem Fall jedoch keine Verurteilung wie bei Wegelin. Auch andere Institute wie die Credit Suisse oder die Privatbank Julius Bär sind in das Visier der Ermittler geraten. Unter dem Druck der US-Regierung hat die Schweiz ihr Bankgeheimnis durchlöchert.

Wegelin hat nach Ansicht der US-Ankläger von 2002 bis 2011 wohlhabenden Amerikanern bei der Steuerhinterziehung geholfen, indem die Bank Konten eröffnet habe, die für die US-Behörden unsichtbar gewesen seien. Dieses Prozedere sei auch weitergegangen, als erste Berichte über Ermittlungen der US-Behörden gegen die UBS im Jahr 2008 aufgetaucht seien, erklärte die Staatsanwaltschaft.

Die Wegelin-Zahlung von 74 Millionen Dollar setzt sich zusammen aus einer Strafe, Schadenersatz für entgangene Steuereinnahmen sowie der Abschöpfung erzielter Gewinne. 16 Millionen Dollar wurden von der US-Justiz bereits eingezogen, Wegelin muss noch 58 Millionen Dollar überweisen. „Die Kosten des Vergleichs werden aus eigens für Rechtsrisiken bereitgestellten Mitteln beglichen“, erklärte das Geldhaus. „Damit endet auch die 1741 begründete Tradition der Privatbank Wegelin & Co..“