Arbeitskräfte-Bedarf auf Rekordhöhe

Nürnberg (dpa) - Trotz eingetrübter Geschäftserwartungen stehen die Zeichen in vielen deutschen Unternehmen weiter auf Expansion - viele Firmen suchen weiter nach neuen Mitarbeitern.

Der Arbeitskräftebedarf in der Wirtschaft sei derzeit so hoch wie noch nie, berichtete die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag. Der von ihr monatlich ermittelte Stellenindex BA-X erreichte mit 170 Punkten im August ein neues Allzeithoch. Dies seien 5 Punkte mehr als im Juli und 28 Punkte mehr als vor einem Jahr.

Nach BA-Erkenntnissen suchen Firmen fast aller Branchen nach gut ausgebildetem Personal. Allein im Maschinenbau, der Metallindustrie, in Architektur- und Ingenieurbüros, dem Handel und Speditionsunternehmen sowie Teilen der Baubranche sei die Nachfrage nach Mitarbeitern im Vergleich zum Vorjahr um ein Viertel gestiegen. Eine große Rolle spielten weiterhin Zeitarbeitsunternehmen; aus dieser Branche stamme jede dritte gemeldete offene Stelle, berichtete die Nürnberger Bundesbehörde.

Der Stellenindex BA-X ist eine Art Messlatte der Bundesagentur für Arbeit (BA) für die Zahl der offenen Stellen in Behörden und Unternehmen. Der Indikator ist damit zugleich eine Art Seismograph für die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Denn sinkt der in Punkten ausdrückte BA-X, dann sinken damit in der Regel auch die Chancen für Jobsucher.

Im August legte der Arbeitsmarkt derweil eine sommerliche Verschnaufpause ein. Volkswirte und Analysten deutscher Großbanken haben für den zu Ende gehenden Monat eine Stagnation auf dem Juli-Niveau von 2,939 Millionen Arbeitslosern errechnet. Möglich sei auch ein leichter Anstieg, gaben einige Fachleute zu bedenken. Ohne die jahreszeitlichen Effekte wäre die Zahl der Erwerbslosen allerdings erneut leicht gesunken - zwischen 5000 und 15 000, schätzen die Fachleute. Die offiziellen August-Zahlen will die Bundesagentur an diesem Mittwoch veröffentlichen.

Als Grund für die stagnierende Entwicklung im August sehen die Volkswirte neben den Sommerferien in den wirtschaftlich starken Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg auch die Betriebsferien in manchen Unternehmen. Viele Firmen verschöben die Einstellungen neuer Mitarbeiter auf September.

Für die kommenden Monate rechnen die Bankvertreter allerdings eher mit einer Abschwächung des Jobaufschwungs. Zwar sei man von einer Jobkrise weit entfernt, betonten die Volkswirte in einer dpa-Umfrage. Dennoch werde das getrübte Geschäftsklima unweigerlich auf den Arbeitsmarkt durchschlagen, prognostizierten sie. Erste Großbanken überdenken bereits ihre optimistische Arbeitsmarktprognose für das kommende Jahr. Derzeit sehe es eher nach 2,8 als 2,7 Millionen Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2012 aus, meint etwa HypoVereinsbank-Volkswirt Alexander Koch.

Auch nach Beobachtungen des Münchner Ifo-Instituts sind Firmen bei der Personalplanung vorsichtiger geworden. Das für die „Financial Times Deutschland“ ermittelte ifo-Beschäftigungsbarometer sei auf den niedrigsten Stand seit knapp einem Jahr gesunken, hatte das Blatt Ende vergangener Woche berichtet. Die ifo-Experten sähen darin ein Warnsignal: „Zwar befindet sich das Beschäftigungsbarometer weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Der Beschäftigungsaufbau dürfte sich aber in den kommenden Monaten merklich verlangsamen“.