Athen atmet auf: Pleite abgewendet
Griechenland stehen schwere Zeiten bevor: Die Regierung muss noch mehr sparen. Die Opposition spielt nicht mit.
Athen. Die europäische Finanzwelt, aber auch so mancher griechische Rentner und Staatsbedienstete dürften aufgeatmet haben. Die Gefahr eines griechischen Staatsbankrott und einer schweren Finanzkrise in Europa scheint vorerst gebannt. Mit der Verabschiedung des Sparprogramms der Athener Regierung hat das griechische Parlament den Weg dafür freigemacht, dass neue internationale Milliardenhilfen nach Griechenland fließen können.
Ohne diese Hilfen wäre Griechenland Mitte Juli zahlungsunfähig gewesen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat mit dem Parlamentsbeschluss eine wichtige Hürde im Kampf um die Rettung der griechischen Staatsfinanzen genommen. Nun geht man in Athen davon aus, dass der sozialistische Regierungschef heute auch die Ausführungsgesetze für sein Sparpaket durch das Parlament bringen wird.
Die Griechenland-Rettung ist damit aber noch keineswegs unter Dach und Fach. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben vor allem Zeit gewonnen, um ein neues Rettungspaket zu schnüren. Auch Papandreou hat keinen Grund zum Jubel. Er kam mit einem blauen Auge davon. Die EU hatte eigentlich darauf gehofft, dass die Griechen das Sparprogramm einvernehmlich verabschieden würden. Aber Papandreou konnte praktisch nur die Abgeordneten seiner Partei für das Vorhaben gewinnen.
Die Opposition stimmte fast geschlossen dagegen. Und nicht nur das: Die Gewerkschaften legten aus Protest gegen die Sparmaßnahmen mit landesweiten Streiks zwei Tage lang Teile der griechischen Wirtschaft lahm. Draußen vor dem Parlamentsgebäude lieferten sich Demonstranten Straßenschlachten mit der Polizei und verwandelten das Zentrum der Hauptstadt in ein Schlachtfeld. Das Parlamentsgebäude wurde während der Debatte in eine Wolke von Tränengas gehüllt. „Ein Votum unter den Tränen des Volkes“, titelte die Zeitung „Eleftherotypia“.
Die große Frage ist nun, ob Papandreou in der Lage sein wird, sein Sparprogramm ohne die Unterstützung der Opposition und gegen den Widerstand in Teilen der Bevölkerung in die Tat umzusetzen. Die Regierung will bis 2015 gut 78 Milliarden Euro in die Staatskasse bringen.
Die Papandreou-Regierung hatte schon mit ihrem ersten — vor gut einem Jahr beschlossenen — Sparprogramm nur teilweise Erfolg gehabt. Der Staat sparte zwar kräftig und senkte das Budgetdefizit von 15,5 auf 10,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Es gelang aber nicht, die Einnahmen zu erhöhen und die weit verbreitete Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Um dieses Manko zu beheben, will die Regierung nun nach dem Rasenmäherprinzip vorgehen. Selbstständige sollen künftig - unabhängig von ihren übrigen Abgaben — pro Jahr eine Kopfsteuer von 300 bis 500 Euro zahlen.
Aber auch wenn Papandreou die Neuverschuldung in den Griff bekommt, bleibt der Schuldenberg von etwa 340 Milliarden Euro bestehen. Viele Griechen befürchten, dass ihr Staat auf Jahrzehnte hinaus Milliardensummen für Zinsen ausgeben muss, die bei der Förderung der Infrastruktur fehlen.