US-Präsident Donald Trump hat ungeachtet von Warnungen der EU neue Importzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte einführen lassen. Die Antwort auf Brüssel folgt prompt. Ist das nun der Beginn des gefürchteten Handelskriegs zwischen Europa und den Vereinigten Staaten? Fragen und Antworten im Überblick:
Was genau ist am Mittwochmorgen passiert?
Um 5.01 Uhr deutscher Zeit ließ Trump neue Zölle in Höhe von 25 Prozent auf die Einfuhr von Stahl und Aluminiumprodukten in die USA in Kraft treten. Bereits rund eine Stunde später kündigte die EU Gegenmaßnahmen an. Vom 1. April an werden demnach wieder EU-Extrazölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Videospielkonsolen, Boote und Erdnussbutter fällig. Der Zollsatz soll zum Teil bei 50 Prozent liegen - zum Beispiel für Motorräder, wie sie der bekannte Hersteller Harley-Davidson in den USA baut.
Die Pläne der für die EU-Handelspolitik zuständigen Europäischen Kommission sehen zudem vor, ab Mitte April in Abstimmung mit den Mitgliedstaaten noch zahlreiche weitere Importe mit Gegenzöllen zu belegen. Sie sollen Unternehmen treffen, die amerikanische Agrarprodukte wie Geflügel, Rindfleisch, bestimmte Meeresfrüchte, Nüsse, Eier, Milchprodukte, Zucker und Gemüse in die EU verkaufen. Zudem soll es auch EU-Extrazölle auf weitere Industrieprodukte wie Textilien, Lederwaren, Haushaltsgeräte, Werkzeuge, Kunststoffe und Holzprodukte geben. Der Zollsatz könnte bei 25 Prozent liegen.
Was bedeutet der Zollstreit für Wirtschaft und Jobs?
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht erhebliche Gefahren. Konkret prognostiziert sie steigende Preise, Probleme in Lieferketten und das Risiko von Jobverlusten. „Zölle sind Steuern. Sie sind schlecht für Unternehmen und noch schlechter für die Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagt sie.
Ökonomen teilen diese Sicht. Die entstehende Unsicherheit wirke sich negativ auf die Investitionen von Unternehmen und die Wirtschaft im Allgemeinen aus, analysiert Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). „Das dürfte auch Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks gefährden.“
Welche Produkte könnten teurer werden?
Grundsätzlich alle, die von den Zöllen betroffen sind. „Wie viel teurer hängt etwa davon ab, wie hoch die Nachfrage danach ist oder ob man die Produkte leicht ersetzen kann, durch gleichwertige Produkte aus Europa“, erklärt Ökonomin Sultan. Bei Jeans hält der Modeverband Deutschland die Auswirkungen zum Beispiel für überschaubar. Auf dem Markt hierzulande spielten Produkte, die direkt aus den USA kommen, keine große Rolle, sagt eine Sprecherin. Die wichtigsten Herstellerländer seien China, Bangladesch und die Türkei. Der Einfuhrwert für Jeans aus den USA nach Deutschland lag 2024 laut Statistischem Bundesamt nur bei gut drei Millionen Euro.
Ist das jetzt der Beginn eines großen europäisch-amerikanischen Handelskriegs?
Das hängt wohl vor allem von Donald Trump ab. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank in Liechtenstein, sieht die Gefahr einer Eskalationsspirale. Im Gegensatz zum Handelskonflikt zwischen EU und USA in Trumps erster Amtszeit könnten die US-Strafmaßnahmen nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Zöllen sein. „Ein globaler Handelskrieg nimmt also langsam Fahrt auf“, sagt er. Trump hat bereits angekündigt, auch auf Autos und andere Waren aus der EU neue Zölle verhängen zu wollen.
Als Folge von erhöhten US-Zöllen gegen China könnten zudem Waren aus Fernost verstärkt nach Europa strömen, sagt Rolf Langhammer, Ökonom am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW). „Zu befürchten ist ein Negativsummenspiel, bei dem alle verlieren.“
Wie geht es jetzt weiter?
Kommissionspräsidentin von der Leyen betont, dass die EU verhandlungsbereit ist. „Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geoökonomischer und politischer Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse liegt, unsere Volkswirtschaften mit solchen Zöllen zu belasten“, sagt sie.
Was könnte die EU Trump anbieten?
Nach Einschätzung der EU-Kommission könnten die Europäische Union und Trump etwa einen neuen Deal zum Ausbau amerikanischer Exporte von Flüssiggas (LNG) schließen. „Wir bekommen immer noch viel LNG aus Russland, warum also nicht stattdessen amerikanisches LNG einsetzen, das günstiger für uns ist und unsere Energiepreise senkt“, sagte die deutsche Spitzenpolitikerin bereits nach einem Telefonat mit Trump nach dessen Wahl. Zudem wäre es möglich, mehr Militärtechnik und Agrargüter aus den USA zu importieren und die Importzölle für US-Autos zu senken. Diese lagen zuletzt mit zehn Prozent deutlich über dem US-Zollsatz in Höhe von 2,5 Prozent.
Was sind die Druckmittel der EU?
Die Extra-Zölle der EU könnten manche US-Unternehmen, empfindlich treffen. Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit von 2017 bis 2021 Sonderzölle auf die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten eingeführt und dies „mit Interessen der nationalen Sicherheit“ begründet. Die EU reagierte damals schon mit Vergeltungszöllen auf US-Produkte wie Bourbon-Whiskey und Motorräder - und Hersteller wie Harley-Davidson beklagten negative Auswirkungen.
Man versuche, die USA dort zu treffen, wo es weh tue, sagte ein EU-Beamter am Mittwoch in Brüssel. Das bedeute, dass man eine Liste von Produkten habe, die einen hohen ikonischen und symbolischen Wert besitzen. Um möglichst großen politischen Druck aufzubauen, werden zudem Produkte ins Visier genommen, die aus der Heimat von einflussreichen Parteifreunden Trumps kommen. So soll es etwa neue EU-Zölle auf Sojabohnen geben, die unter anderem in Louisiana, der Heimat von Repräsentantenhaussprecher Mike Johnson, produziert werden.
Warum führt Trump die Zölle überhaupt ein?
Trump will die USA als Produktionsstandort stärken und Handelsdefizite abbauen. Ihm ist es zum Beispiel ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Firmen in der EU. Das betrifft vor allem Deutschland: Hiesige Exporteure verkauften 2024 Waren im Wert von 161,4 Milliarden Euro in die USA, gut zehn Prozent aller deutschen Exporte. Umgekehrt wurden 2024 Waren im Wert von 91,4 Milliarden aus den USA importiert. Die Folge war ein deutscher Rekord-Handelsüberschuss von rund 70 Milliarden Euro mit den USA.
Die EU-Kommission argumentiert, dass die USA aber mehr Dienstleistungen in die EU verkaufen als umgekehrt. Berücksichtige man sowohl Waren als auch Dienstleistungen, habe es etwa 2023 nur einen geringen Überschuss von 48 Milliarden Euro gegeben. Das entspreche drei Prozent des gesamten Handels zwischen den USA und der EU.
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