Aufholjagd auf Apple: Nokia macht Microsoft mobil
Mit dem Kauf der finnischen Handysparte bläst der Software-Riese zur Aufholjagd auf Apple.
Espoo. Schlussverkauf in der Mobilfunk-Industrie: Für gerade einmal 3,8 Milliarden Euro kann sich der Windows-Riese Microsoft die Nokia-Handysparte einverleiben. Die Finnen beherrschten einst die Mobilfunkbranche, verpassten dann aber den Smartphone-Trend und wagten vor gut zwei Jahren mit Windows Phone einen Neustart mit bislang begrenztem Erfolg. Daher zweifeln einige Experten, ob Microsoft mit dem Schnäppchenkauf eines taumelnden europäischen Technologie-Riesen seine Position in der Aufholjagd gegen Google und Apple spürbar verbessern kann.
Für das Geschäftsmodell von Microsoft bedeutet der Nokia-Deal eine radikale Wende: Der Software-Konzern wurde damit groß, seine Windows-Software an PC-Hersteller zu verkaufen. Die Vielzahl der Windows-Rechner eroberte schnell den Computermarkt. Der Pionier Apple wurde nahezu zermalmt. Apple-Gründer Steve Jobs und seine Nachfolger hatten stets darauf beharrt, Software und Hardware zu kontrollieren. Für Windows sei dagegen das „Ökosystem“ mit den vielen Partnern der Schlüssel zum Erfolg, wiederholten Microsoft-Manager gebetsmühlenartig.
Doch jetzt, nach dem späten Triumph der Apple-Strategie mit iPhone und iPad, vollzieht auch Microsoft eine Kehrtwende. Mit dem Kauf von Nokia wird der Software-Konzern auf einen Schlag zum zweitgrößten Handy-Anbieter der Welt. Wenn die Verbraucher künftig ein Lumia-Smartphone kaufen, will Microsoft ihnen ein Gerät bieten, bei dem Software und technisches Innenleben aufeinander abgestimmt sind.
Microsoft werde weiterhin Dienste auch für iPhones oder für Samsungs Galaxy-Geräte mit Android anbieten, erläuterte Ballmer. „Aber wir können auf diesen Plattformen kein volles und erstklassiges Erlebnis bieten.“ Zudem sei man dort auf das Wohlwollen von Apple und Google angewiesen. Und schließlich werde Microsoft künftig 40 Dollar pro Lumia-Smartphone einsacken statt bisheriger zehn Dollar für die Windows-Phone-Lizenz.
Im Wettbewerb mit iOS von Apple und Android von Google hinkt Windows Phone weit hinterher. Nokia und Microsoft haben sich in den vergangenen Jahren selbst in diese missliche Lage hineinmanövriert. Microsoft-Boss Steve Ballmer lachte 2007 vor TV-Kameras das iPhone aus und konnte sich den rasanten Aufstieg von Apple als Smartphone-Hersteller nicht vorstellen. Erst 2011 kam es zur Kooperation mit Nokia.
Schon damals vermuteten Branchenkenner, es werde nicht dabei bleiben, dass Nokia auf Windows Phone als Betriebssystem für seine Smartphones setzt. Der Microsoft-Manager Stephen Elop wurde von einigen als trojanisches Pferd aus Redmond gesehen, als er den Chefposten von Nokia übernahm. Diese Verschwörungstheoretiker können sich jetzt bestätigt fühlen.
Elop gilt nun auch als heißer Kandidat für den Microsoft-Chefposten. Schließlich hatte Konzernlenker Steve Ballmer bei seiner Rückzugs-Ankündigung betont, der nächste Chef müsse den Wandel zu einem Anbieter von Geräten und Diensten vorantreiben. Genau das soll Elops neuer Bereich bei Microsoft werden. Er nimmt sein Team von Nokia mit.