Autoabgase: Noch ein langer Weg bis zum EU-Kompromiss

Politiker fürchten, dass neue Autos je nach Modell 1500 bis 3000 Euro teurer werden können, wenn die neue EU-Richtlinie zur CO2-Senkung in Kraft tritt.

Brüssel. Der deutsch-französische Durchbruch zur Senkung der Autoabgase von Kanzlerin Angela Merkel und Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat politische wie preisliche Konsequenzen:

Neue Autos können je nach Modell, ob Kleinwagen von Peugeot oder VW, oder schwere Limousine von BMW, Audi oder Saab 1500 bis 3000 Euro teurer werden. Dieser Meinung ist zumindest Karl-Heinz Florenz, Christdemokrat im EU-Parlament.

Der Merkel-Sarkozy-Kompromiss sieht vor, CO2-Abgase vor allem mittels modernerer Motoren und Biosprit-Beimischung auf durchschnittlich 120 Gramm CO2 pro Pkw im Zeitraum von 2012 bis zum Jahr 2015 zu senken. Ziel ist, die Werte von 95 bis 110 Gramm CO2 bis zum Jahr 2020 zu erreichen.

Neu ist der Wunsch beider Regierungschefs, dass Autohersteller nun auch leichtgängigere Getriebe, widerstandsärmere Reifen und andere "Öko-Innovationen" zur Abgas-Senkung anrechnen dürfen, um das durchschnittliche 120-Gramm-Ziel ihrer verkauften Pkw-Flotte zu erreichen. Das mindert den Druck auf Autobauer, in erster Linie mit Abgas ärmerer Motortechnik den CO2-Ausstoß zu senken.

Kritisch sieht der Dachverband der Europäischen Autohersteller (ACEA) den Kompromiss: So müsse die Höhe der Strafzahlungen für Autobauer, die sich nicht an die CO2-Grenzwerte halten, unbedingt gesenkt werden. Die EU-Kommission hatte pro Auto 95 Euro pro Gramm CO2 zuviel verlangt. "Das ist viel zu hoch", sagte Sigrid de Vries von ACEA. Auch die CO2-Limits von 95 bis 110 Gramm ab 2020 dürften "nicht einfach aus dem Hut gezaubert werden". Der Kompromiss sei ein deutsch-französischer, jetzt müsse "mit allen Mitgliedstaaten verhandelt werden. Das ist noch ein langer Weg", sagte de Vries.

Nichtsdestotrotz hofft CDU-Politiker Florenz, dass das Gesetz "bis Ende des Jahres über die Bühne" sein werde. Die Käufer von spritsparenden und abgasärmeren Neuwagen würden laut Florenz zwar höhere Preise zahlen, aber weit höhere Summen durch geringeren Verbrauch wieder einsparen.

Der Autozulieferer Bosch ist hingegen nicht sicher, ob die Preise steigen: Die heute in Autos eingebaute Technologie werde über die Jahre billiger und könne so die nun steigenden Kosten, die zur Abgas-Senkung anfielen, wieder ausgleichen. "Jetzt Preise zu nennen, ist ganz schwierig", sagte Gunter Zimmermeyer von Bosch. Dennoch lobte er Merkels Verhandlungsergebnis.

Zufrieden ist auch Werner Langen (CDU). Er hatte darauf gedrängt, dass die Autobauer nicht im Jahr 2012 den CO2-Grenzwert von 120 Gramm für ihre gesamte Pkw-Flotte erreichen müssen, sondern zeitlich abgestuft erst 2015. Der FDP-Europapolitiker Holger Krahmer will derweil den Herstellern noch mehr Spielraum bei "Öko-Innovationen" einräumen.

Da Merkel und Sarkozy sowohl die Abgas-Grenzwerte, als auch das ursprüngliche Zieldatum 2012 abschwächten, übten die Grünen im Europäischen Parlament scharfe Kritik: Rebecca Harms nannte Merkel eine "selbst gekürte Klimakanzlerin", die alle Hoffnungen aus ehrgeizigere Autoabgas-Ziele "bitter enttäuscht" habe. Martin Schulz, der Chef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, äußerte sich unterdessen nicht zu den gesenkten Abgaswerten.