Im Würgegriff von Öl und Gas

Energie: Die Preise beider Stoffe steigen im Gleichschritt. Politiker und Experten wollen das ändern – doch die Wirkung ist umstritten.

Hamburg. Angesichts der drohenden Gaspreisexplosion ist in Deutschland eine heftige Diskussion um ein Ende der traditionellen Koppelung der Gas- und Ölpreise entbrannt. Einige Experten halten dies jedoch für bedenklich: Die Trennung könne auch den gegenteiligen Effekt haben - teureres Gas.

Die sogenannte Ölpreisbindung des Gaspreises gibt es seit 1965. Sie ist nicht gesetzlich festgelegt, sondern eine Branchenvereinbarung zwischen ausländischen Gasanbietern und deutschen Importeuren.

Danach orientiert sich der Gaspreis aus Wettbewerbsgründen an der Preisentwicklung der wichtigsten Konkurrenzenergie, des Erdöls. Damals sollte die Vereinbarung die hohen Investitionen der Gasproduzenten in Förderanlagen und Pipelines absichern und einen ruinösen Wettbewerb der beiden Energieträger Öl und Gas vermeiden.

Experten wie Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsförderung fordert genau deshalb, diese Regelung nun zu kippen: Eine Billigspirale zum Nachteil der Produzenten sei nicht mehr zu befürchten - heute gefährdet der Aufwärtssog der Öl- und Gaspreise zusätzlich die Weltkonjunktur.

"Gas könnte deutlich billiger sein, wenn man es vom Öl entkoppeln würde", so Kemfert - schließlich herrsche beim Gas, anders als beim Öl, keine Angebotsknappheit durch schrumpfende Lagerstätten. Deshalb solle allein der Markt den Gaspreis bestimmen.

Doch genau diese unbegrenzte Freiheit des Marktes sehen andere Fachleute kritisch. Der Hintergrund: Im Unterschied zu Rohöl wird Erdgas nur von wenigen Anbietern produziert, die den Markt unter sich aufteilen - Deutschland beispielsweise ist beim Gasimport weitgehend von fünf Ländern abhängig.

Die Ölpreisbindung verhindert deshalb sogar, dass die Gasanbieter ihre Marktmacht gemeinsam zu stark ausnutzen. Fiele sie, könnten die Produzenten selbst bei sinkenden Ölpreisen willkürlich den Gaspreis diktieren.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) brach daher ebenso wie viele deutsche Gas-Großimporteure eine Lanze für die Preisbindung: Als Bestandteil langfristiger Lieferverträge bringe sie eine gewisse Verlässlichkeit mit sich - auch für die Verbraucher. Zudem ließen sich die ausländischen Produzenten nicht auf neue Verträge ohne Kopplung an den Ölpreis ein.

Die Einschätzung, im Herbst werde der Gaspreis um 40 Prozent steigen, nannte der Verband allerdings "spekulativ und unrealistisch". Auch der Essener Energieexperte Christoph Weber rechnet mit maximal 20 Prozent Preisanstieg bis zum Jahresende, ehe der Öl- und dann auch der Gaspreis aufgrund gesteigerter Öl-Förderkapazitäten bis 2009 wieder sinken werde.

Bis dahin empfehlen Verbraucherschützer den Gaskunden vor allem eins: Energiesparen.