Anonyme Vorwürfe Bahn-Aufsichtsratschef Felcht wackelt nach Grubes Rücktritt

Berlin (dpa) - Bei der Deutschen Bahn ist nach dem Rücktritt von Vorstandschef Rüdiger Grube nun der Vorsitzende des Aufsichtsrats unter Druck. Utz-Hellmuth Felcht wurde von anderen Mitgliedern des Kontrollgremiums für die missglückte Vertragsverlängerung Grubes verantwortlich gemacht.

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Anonym warfen sie dem früheren Chemiemanager Felcht vor, die Aufsichtsratssitzung schlecht vorbereitet und dann nicht im Griff gehabt zu haben.

Felcht traf sich am Mittwoch mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Berliner Ministeriumssitz. Über den Verlauf des einstündigen Gesprächs wurde anschließend nichts mitgeteilt. Als potenzieller Nachfolger Felchts wurde in der großen Koalition Michael Frenzel genannt, der frühere Chef des Touristikkonzerns Tui. Im Staatsunternehmen Deutsche Bahn wird der Aufsichtsratschef von der Bundesregierung bestimmt.

Unmittelbar vor der Begegnung hatte Felcht gesagt, er erwarte „einen Austausch, eine Diskussion über das, was da am Montag abgelaufen ist“. Die alleinige Verantwortung für Grubes Rückzug wies er von sich: „Wer unsere Pressemeldung richtig gelesen hat, kann eindeutig nachlesen, dass die Entscheidung dort einstimmig gefallen ist.“

Grube war wegen Differenzen über seine Vertragsverlängerung in der Aufsichtratssitzung am Montag zurückgetreten. Dobrindt zeigte sich wenig später vor Journalisten überrascht. Er bestellte Felcht zu dem Gespräch ein.

Auf die Frage nach einer möglichen Ablösung des Aufsichtsratschefs sagte ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums, sein Haus beteilige „sich an solchen Personalspekulationen nicht“. Er verwies auf die erste Reaktion Dobrindts auf Grubes Rücktritt, wonach am Montag „beide Seiten“ wenig Einigungsbereitschaft gezeigt hätten. Mit den beiden Seiten seien Aufsichtsrat und Vorstandschef gemeint gewesen, fügte er hinzu.

Grube erklärte in einem Brief an die Bahn-Mitarbeiter seine Beweggründe für den spontanen Rücktritt. Er habe vom Personalausschuss die Zusage gehabt, „dass mein Vertrag um drei Jahre bis zum 31.12.2020 verlängert wird“, so Grube in dem auf Dienstag datierten Schreiben, das „Spiegel online“ am Mittwoch veröffentlichte.

Nachdem „man dann in der gestrigen außerordentlichen Aufsichtsratssitzung mir diese bereits erteilte Zusage auf zwei Jahre kürzen wollte, obwohl ich auf Gehaltssteigerung und Abfindung verzichtet hätte, musste ich eine klare Entscheidung treffen“. Grube bat die Mitarbeiter um Verständnis für seine Entscheidung. „Aber wie Sie wissen, komme ich vom Bauernhof, da habe ich gelernt, was Geradlinigkeit und zu seinem Wort stehen bedeuten.“

In der Wochenzeitung „Die Zeit“ kritisierten namentlich nicht genannte Aufsichtsräte die Sitzungsleitung Felchts vom Montag. Als die Vertreter des Eigentümers Bund die Laufzeit des Vertrags noch einmal hinterfragten hätten, habe sich eine lange und heftige Diskussion entsponnen. Schließlich hätten auch die Gewerkschafter und Betriebsräte gefragt, ob zwei statt drei weitere Jahre für Grube nicht doch reichten, schildert die Zeitung den Verlauf. „Das hätte Felcht einfach abmoderieren können, es war ja alles im Vorfeld ausdiskutiert worden“, wird ein Teilnehmer zitiert. Stattdessen habe der Vorsitzende die Diskussion laufen lassen.