Bauern sehnen den Regen herbei - Verluste drohen
Hannover (dpa) - Nach dem zweitwärmsten April seit 130 Jahren sehnen die deutschen Bauern stärkere Regenfälle herbei. In vielen Regionen bangen Landwirte um ihre Ernteerträge, falls die Trockenheit in den kommenden Wochen weiter anhalten sollte.
In Niedersachsen und Baden-Württemberg drohen nach Einschätzung der Landesbauernverbände Verluste bei verschiedenen Getreidesorten und beim Raps. Die „Regenkanonen“ auf den Feldern laufen auf Hochtouren - selten mussten sie so früh eingesetzt werden wie in diesem Jahr. Die Schauer nach Ostern hätten bei weitem nicht ausgereicht, um die Pflanzen mit genügend Wasser zu versorgen, hieß es aus dem niedersächsischen Bauernverband in Hannover. Auch in Bayern, Rheinland-Pfalz und Teilen Ostdeutschlands bleibt die Lage kritisch. Wenn im Mai rasch feuchtes Wetter komme, könnten Ernteschäden aber noch vermieden werden.
„Nach dem strengen Winter ist die Frühjahrstrockenheit negativ für die Pflanzen. Wir bräuchten den Regen sofort“, betonte der baden-württembergische Bauernverband. Auf leichten Böden, die wenig Wasser speichern, zeichneten sich schon jetzt keine guten Erträge ab. Die Landwirte rechneten zudem mit höheren Kosten für die künstliche Bewässerung der Äcker. Auch die Waldbrandgefahr sei nicht gebannt, hieß es aus dem Agrarministerium in Stuttgart. Vor Ostern hatten die Behörden im Südwesten die zweithöchste Warnstufe ausgerufen.
In Rheinland-Pfalz könnte das frühsommerliche Wetter ebenfalls zu Ernteeinbußen führen - vor allem bei Getreide und Rüben. „Es kann ruhig warm sein, aber die fehlenden Niederschläge sind das Problem“, erklärte der Bauern- und Winzerverband. „Wir wünschen uns Landregen.“ Es sei nicht abzuschätzen, ob der steigende Wasserverbrauch auf die Preise für Agrarprodukte durchschlägt. In Hessen gab das warme Wetter dem Wachstum einen Riesenschub. „Wir sind zwei Wochen voraus“, sagte ein Agrarmeteorologe. Für den Weinjahrgang 2011 sei der frühe Start gut, für im Frühjahr ausgesäte Kulturen werde es dagegen langsam eng.
Niedersachsens Landwirte hielten sich zu möglichen Einbußen im Erntejahr 2011 bedeckt. Die Trockenheit treffe jedoch insbesondere das Wintergetreide „in einer empfindlichen Wachstumsphase“, hieß es aus dem Landvolk-Verband. Ergiebiger Regen müsse dringend her - sonst werde es eng für Frühkartoffeln, Getreide, Zuckerrüben und Mais. Bauernpräsident Werner Hilse hatte bereits vor Ostern vor den Folgen einer anhaltenden Dürreperiode gewarnt: „Wenn wir jetzt zu wenig Feuchtigkeit bekommen, laufen wir Gefahr, dass Schäden entstehen.“
Weiter nördlich in Schleswig-Holstein war die Lage kaum besser. Dem Raps mache der Regenmangel besonders zu schaffen, berichtete die Landwirtschaftskammer; viele Felder seien inzwischen ausgetrocknet. In einigen Kommunen galt weiterhin die höchste Waldbrand-Warnstufe.
Die bayerischen Bauern müssen sich nach Angaben des Münchner Landwirtschaftsministeriums derzeit noch keine größeren Sorgen um die Ernte machen. Die jüngsten Niederschläge hätten Entspannung gebracht. „Lediglich beim Mais hätte es Probleme geben können, aber der Regen in den vergangenen Tagen ist zur rechten Zeit gekommen“, erklärte ein Sprecher. Gefährlich könne es werden, falls die bevorstehenden Wochen keinen Regen bringen, ergänzte der Landesbauernverband.
Mit gemischten Gefühlen blicken die ostdeutschen Landwirte in die kommenden Wochen und Monate. In Brandenburg seien die Regengüsse zu Ostern gerade rechtzeitig gekommen, für die Ernte 2011 sei damit ein „gesundes Fundament“ gelegt, erklärte der Bauernverband. Wegen der hohen Waldbrandgefahr standen große Flächen der brandenburgischen Mark unter genauer Beobachtung. In Thüringen waren die Feuchtigkeits-Reserven im Boden noch groß. Probleme könne es bei längerer Trockenheit geben, zuletzt hatte es aber wieder ausgiebig geregnet.
Mecklenburg-Vorpommerns Bauernchef Harald Kienscherf klagte über fehlende Nässe für frisch gesäte Kulturen wie Mais. „Dennoch kann man landesweit noch nicht von irreparablen Schäden sprechen“, schränkte er ein. Die weitere Entwicklung der Pflanzen hänge davon ab, ob in den kommenden Tagen nennenswerte Niederschläge die Wurzeln erreichen.
Der Bauernverband in Sachsen-Anhalt sah derweil keine ernste Gefahr: „Die Pflanzen, besonders der Raps, könnten zwar etwas Feuchtigkeit vertragen, doch das Wachstum ist bislang nicht gefährdet.“ In Sachsen erwarten die Kollegen beim Raps Einschnitte. Die Bestände seien bereits stark geschädigt aus dem kalten Winter gekommen, vielerorts gebe es große Lücken auf den Feldern.
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes gab es seit 1881 nur einen wärmeren April als in diesem Jahr. Die bundesweite Durchschnittstemperatur lag mit fast 11,8 Grad Celsius um 4,4 Grad über dem langjährigen Mittelwert - und nur knapp unter den 11,8 Grad des Aprils 2009. Laut vorläufiger Bilanz sprachen die Meteorologen von einem extrem warmen, trockenen und sonnenscheinreichen Monat.