Blackberry-Hersteller befürchtet Absatzeinbruch
Waterloo (dpa) - Die einst so beliebten Blackberry-Handys entwickeln sich zu Ladenhütern. Der Hersteller Research in Motion (RIM) fürchtet, dass die Auslieferungen im gerade begonnenen vierten Geschäftsquartal auf 11 Millionen bis 12 Millionen Stück einbrechen werden.
Im Vorjahreszeitraum waren noch annähernd 15 Millionen der vor allem für ihren robusten E-Mail-Dienst bekannten Geräte abgesetzt worden. Doch Apples iPhone und Smartphones mit Googles Betriebssystem Android nehmen den Blackberrys zunehmend Marktanteile ab.
Nach den Zahlen rückten die beiden Konzernchefs Jim Balsillie and Mike Lazaridis am späten Donnerstag (Ortszeit) mit weiteren schlechten Nachrichten heraus: Erste Geräte mit dem nächsten Betriebssystem Blackberry 10 - dem großen Hoffnungsträger von RIM - kommen frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2012 auf den Markt, kündigten sie in einer Telefonkonferenz an. Das liege daran, dass die nötigen Chips erst Mitte des Jahres lieferbar sein würden.
Balsillie and Lazaridis baten ihre Aktionäre um Geduld: Es werde einige Zeit dauern, bis sich RIM neu aufgestellt habe, erklärten sie am Firmensitz im kanadischen Waterloo. Die Co-Chefs, deren Rücktritt von immer mehr unzufriedenen Investoren gefordert wird, arbeiten ab jetzt nur noch für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar. Bislang lag ihr Grundgehalt bei je 1,1 Millionen US-Dollar, hinzu kommen Boni.
Nach dem trüben Ausblick fiel die Aktie im frühen New Yorker Handel am Freitag um 11 Prozent auf 13,40 Dollar. So billig war das RIM-Papier zuletzt Anfang 2004. Einst trieb der Smartphone-Boom die Aktie in der Spitze auf mehr als 140 Dollar hoch. Diese Zeiten sind jedoch seit dem Siegeszug von iPhone und Android vorbei. Nach Daten des Marktforschers Gartner ist der Blackberry-Anteil an den Verkäufen zuletzt von 15,4 auf 11,0 Prozent gefallen.
Das neue Betriebssystem Blackberry 10 basiert auf der Plattform QNX, die auch bei der Steuerung von Industrieanlagen zum Einsatz kommt, und soll die Geräte benutzerfreundlicher machen. Ursprünglich sollte es BBX heißen, doch eine andere Firma machte RIM den Markennamen streitig.
Die Verzögerung beim neuen System bedeutet, dass die Blackberrys noch länger mit der aktuellen Software arbeiten werden, die auf den derzeiten Geräten läuft. Im dritten Geschäftsquartal, das im November endete, schrumpfte der Absatz im Jahresvergleich leicht auf 14,1 Millionen Stück. Der Umsatz sank um 6 Prozent auf 5,2 Milliarden Dollar (4,0 Mrd Euro). „Wir glauben aber weiterhin, dass RIM die richtige Mischung aus Stärken und Fähigkeiten besitzt, um auch weiterhin eine führende Rolle in der Mobilfunkbranche einzunehmen“, erklärten die Firmenchefs.
Zuletzt hatten sich die Flops gehäuft: Ein tagelanger Ausfall der E-Mail-Systeme im Oktober führte zu großem Frust bei den annähernd 75 Millionen Blackberry-Nutzern. Und der als iPad-Rivale geplante Tabletcomputer Playbook fand zu seinem Ursprungspreis von 500 Dollar kaum Käufer. Nur dank Angeboten in den USA von 199 Dollar konnten am Ende im Quartal zumindest 150 000 Playbooks losgeschlagen werden. Der Wertverlust bei den Beständen des Tablet-Computers drückte den Konzerngewinn um 71 Prozent auf unterm Strich 265 Millionen Dollar.
Blackberrys waren wegen ihres speziellen E-Mail-Dienstes früher die Lieblinge der Manager. Heute sind die Geräte vielfach eine günstigere Alternative für all jene, die sich kein iPhone oder Android-Smartphone leisten können oder wollen. Der Anteil der Einstiegsmodelle an den Gesamtverkäufen hatte stetig zugenommen. Grund für die Absatzprobleme war auch, dass RIM den Trend zu berührungsempfindlichen Bildschirmen lange verschlafen hatte.