Börsenzocker im UBS-Skandal angeklagt
London/Zürich (dpa) - Im Milliardenskandal der Schweizer Großbank UBS ist nur einen Tag nach der Festnahme Anklage gegen den 31 Jahre alten Börsenzocker aus London erhoben worden.
Kweku Adoboli werde Betrug zum Nachteil der Bank in Höhe von 1,3 Milliarden britischen Pfund (rund 1,5 Milliarden Euro) vorgeworfen, teilte die Polizei der City of London am Freitag mit. Er erschien noch am Freitag vor Gericht. Nach Augenzeugenberichten brach der Banker auf der Anklagebank in Tränen aus.
Die Anklage umfasse ferner zwei Fälle von Bilanzfälschung. Einer davon stamme bereits aus dem Jahr 2008. Das Gericht entschied, Adoboli müsse zunächst bis zum 22. September in Polizeihaft bleiben. Dann soll es eine weitere Anhörung vor Gericht geben.
Der Wertpapierhändler war am Donnerstagfrüh in der Londoner City in Polizeigewahrsam genommen worden. Er soll die Bank nach BBC-Angaben selbst auf die Probleme aufmerksam gemacht haben. Die UBS hatte am Donnerstag überraschend mitgeteilt, dass durch unerlaubte Handelsgeschäfte eines ihrer Investmentbanker ein Verlust von geschätzt rund zwei Milliarden Dollar entstanden sei. UBS selbst hält deshalb kurzfristig ein Abrutschen in die Verlustzone im dritten Quartal für möglich.
Die Bank muss nun um ihre Bonitätsstufe fürchten, nachdem die Ratingagentur Moody's eine Prüfung der Kreditwürdigkeit angekündigt hatte. Damit könnte es für die UBS künftig teurer werden, sich zu refinanzieren.
Unterdessen wurde der Ruf nach einer vorzeitigen Ablösung von UBS-Chef Oswald Grübel lauter, der selber Investmentbanker war. Hoffnungen werden auf Ex-Bundesbank-Chef Axel Weber gesetzt, der 2012 in den Verwaltungsrat der UBS einziehen und 2013 dort das Ruder übernehmen soll.
Der UBS-Händler soll nach einem Bericht der britischen BBC die Bank in London selbst über die von ihm ausgeführten nicht-autorisierten Transaktionen informiert haben. Er sei nicht von der internen Kontrolle entdeckt worden, schrieb der Sender auf seiner Internet-Seite. Die UBS-Verantwortlichen hätten dann im Anschluss die fraglichen Handelspositionen unter die Lupe genommen und die britischen Behörden informiert, berichtete die BBC. Die UBS nahm am Freitag in Zürich dazu keine Stellung.
Moody's zufolge steht im Fokus der Bonitätsprüfung der anhaltende Nachholbedarf der größten Schweizer Bank im Risikomanagement und bei der Kontrolle spekulativer Geschäfte. Hier sei die Bank schon seit längerem schwach aufgestellt, hieß es in London. Der von UBS angegebene Zwei-Milliarden-Dollar-Verlust aus unerlaubten Geschäften eines einzigen Händlers habe dies deutlich aufgezeigt.
Derzeit wird die Bonität der UBS noch mit der Note „Aa3“ und die Finanzkraft der Bank mit der Einstufung „C/A3“ bewertet. Eine Abstufung um mehr als eine Stufe sei unwahrscheinlich, hieß es in der Mitteilung. Die Deutsche Bank hat im Langfrist-Rating beispielsweise nach eigenen Angaben ebenfalls „Aa3“.
Noch wurde es in der Schweiz kaum öffentlich ausgesprochen, doch ist UBS-Chef Grübel nach Bekanntwerden des Skandals in die Schusslinie geraten. Unverhohlen machte UBS-Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger seinem Unmut über den Vorfall Luft. Er sei „persönlich sehr enttäuscht“ sagte er und sprach am Donnerstagabend nach einem Bericht des Schweizer Fernsehens von einem „unseligen Ereignis“.
Die größte Schweizer Bank gehört in Europa zu den Banken, die am schwersten von der Finanzkrise getroffen wurden. Sie häufte in den Jahren 2007 und 2008 knapp 28 Milliarden Franken (fast 19 Mrd Euro) an Verlusten an und musste vom Staat gerettet werden. Die Bank hatte die Folgen erst in jüngster Zeit in den Griff bekommen und plante einen Neuanfang. Die „Neue Zürcher Zeitung“ warnte vor den Folgen des Skandals für den Finanzplatz Schweiz.
Nach Darstellung des Bankenexperten Dirk Schiereck hantieren Wertpapierhändler zwar täglich mit riesigen Summen, zwei Milliarden Dollar könnten sie dabei aber nicht per Knopfdruck verzocken. „Das ist gar nicht so einfach, denn alle Banken haben in erheblichen Maße Instrumente eingebaut, um das zu verhindern. Es ist definitiv sicher, dass wir es hier wieder mit einem Fall von erheblicher krimineller Energie zu tun haben, sonst geht das gar nicht“, sagte der Finanzexperte der Technischen Universität Darmstadt der Nachrichtenagentur dpa.
Den Grund für das Verhalten des UBS-Bankers sieht Schiereck etwa in den massiven Stellenabbauplänen bei fast allen größeren Investmentbanken am Finanzplatz London: „Dadurch hat der Druck auf die Mitarbeiter erheblich zugenommen, ein möglichst gutes Ergebnis zu liefern.“