BP verliert Milliarden und den Chef
Energie: Der Konzern weist wegen der Kosten der Ölpest ein Rekordminus auf. Tony Hayward geht, Bob Dudley kommt.
London. Es ist ein pechschwarzer Tag für BP. Erstmals seit 1992 macht der Ölkonzern einen Verlust zum Ende eines Quartals. Der verhasste Vorstandschef Tony Hayward muss gehen. Und die Angst vor weiteren Aderlässen bleibt. Die Kosten der Naturkatastrophe vor der US-Südküste erdrücken den Ölriesen, der Ruf als umweltbewusster Energiekonzern dürfte auf lange Sicht beschädigt sein.
Doch zunächst bekommt der Vorstandschef für seinen vorzeitigen Abschied zum 1. Oktober einen goldenen Handschlag. Als Abfindung erhält Hayward gut eine Million Pfund (1,2 Millionen Euro). Außerdem hat der 53-Jährige in zwei Jahren Anspruch auf eine jährliche Rente von 600000 Pfund. Und Hayward darf sogar an Bord bleiben. Zwar schickt ihn der Konzern sprichwörtlich nach Sibirien, doch seine Rolle als Aufsichtsrat beim russisch-britischen Joint Venture TNK-BP gilt als anspruchsvoller Job.
Unausweichlich wurde Haywards Abgang durch sein mangelhaftes Krisenmanagement, gepaart mit fehlender Sensibilität. Er wolle sein Leben zurück, sagte er entnervt auf dem Höhepunkt der Katastrophe im Golf von Mexiko. An die Familien der getöteten Ingenieure auf der Bohrinsel "Deepwater Horizon" und die Tausenden von Menschen, vor deren Haustür sich eine Ölpest entfaltet, scheint Hayward in diesem Moment keinen Gedanken verschwendet zu haben.
Sein Nachfolger wird nun wie erwartet der Amerikaner Bob Dudley, der im Vorstand bereits für die Aufarbeitung der Ölkatastrophe verantwortlich ist. Er soll vor allem die Verstimmungen in den USA lösen. "Bob hat tiefgehendes Verständnis und Verbundenheit mit der Golfküste", sagte Hayward. Der Ruf des Ölkonzerns könne mit Dudley nur besser werden, denken viele.
Die Katastrophe, die heute hundert Tage zurückliegt, sei ein "Wendepunktereignis" in der 102-jährigen Firmengeschichte, bekennt Aufsichtsratschef Carl-Henric Svanberg. Weiteres Tafelsilber steht nun zum Verkauf, damit die Milliardenkosten für die Folgen der Ölpest beglichen werden können. In den nächsten Jahren sollen dafür 30 Milliarden Dollar zusätzlich eingenommen werden.
Oberstes Ziel dabei ist für BP, handlungsfähig zu bleiben und eine Übernahme oder Zerschlagung zu verhindern. Der Börsenwert schrumpfte seit dem Unglück zusammen - was Konkurrenten bereits hellhörig werden ließ - konnte sich aber in den vergangenen Tagen angesichts der Fortschritte beim Abdichten des Lecks und des erwarteten Abtritts von Hayward wieder etwas erholen.
Zu einem Aus für Tiefseebohrungen will sich BP jedoch nicht durchringen: Im Mittelmeer startet in den nächsten Wochen das nächste Projekt. Dafür schloss Hayward ein lukratives Geschäft mit Libyen ab. Im Gegenzug soll BP die britische Regierung gedrängt haben, den libyschen Attentäter des Lockerbie-Anschlags freizulassen.