Delikatesse oder Tierquälerei?

Ein Verbot auf der Messe Anuga in Köln erzürnt die Franzosen.

Paris/Köln. Protestbriefe, Boykottdrohungen und mittlerweile sogar diplomatische Verwicklungen — ein von der weltgrößten Ernährungsmesse in Köln verhängtes Ausstellungsverbot für Stopfleber-Erzeugnisse sorgt in Frankreich für Empörung. Die Hersteller der aus Tierschutzgründen umstrittenen Delikatesse fordern, ihre Foie gras (fette Leber) umgehend wieder bei der Anuga zuzulassen.

„Das Verbot ist Diskriminierung pur“, sagen Stopfleber-Lobbyisten wie der Regionalpolitiker Alain Rousset. Er kommt aus dem Südwesten Frankreichs, wo besonders viele Gänse und Enten unfreiwillig mit Riesenmahlzeiten gestopft werden. Die Lebern der Tiere werden dadurch unnatürlich groß — und fein im Geschmack, wie Fans finden.

Rückendeckung bekommen die Foie-gras-Produzenten von hochrangigen Regierungsmitgliedern. Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire nannte das Verbot in einem Brief an seine deutsche Amtskollegin Ilse Aigner „ungerechtfertigt“ und „inakzeptabel“. Er kündigte an, seinen Besuch auf der in diesem Jahr am 8. Oktober beginnenden Messe abzusagen.

35 000 Arbeitsplätze hängen nach Regierungsangaben in Frankreich an der Foie-gras-Industrie, die mit einer Jahresproduktion von 20 000 Tonnen weltweit mit Abstand die größte ist. 2006 wurde die Delikatesse per Gesetz als „Kultur- und Gastronomieerbe Frankreichs“ unter besonderen Schutz gestellt.

Die Bundesregierung sieht sich nicht als den richtigen Ansprechpartner. „Solche Entscheidungen obliegen allein der Messeleitung“, sagt ein Sprecher des Auswärtigen Amts. In Deutschland ist das Stopfen von Gänsen und Enten — wie in vielen anderen EU-Staaten auch — verboten. Die Überfütterung der Tiere mit Hilfe in den Hals eingeführter Stopftrichter wird dort als Tierquälerei angesehen. Angesichts des freien EU-Binnenmarkts muss der Import und Verkauf von Foie gras aber zugelassen werden.

Die Anuga-Verantwortlichen in Köln sind nun in einer schwierigen Situation. Sie hatten Foie gras bereits nach der letzten Messe 2009 von der Liste der zugelassenen Waren genommen, weil es heftige Proteste von Besuchern und Tierschützern gegeben hatte. „Uns ging es darum, dieses kontrovers diskutierte Thema von der Anuga zu trennen“, sagt Messesprecherin Christine Hackmann.

Andere stark umstrittene regionale Spezialitäten wie Haifischflossen seien auch nicht zugelassen, argumentieren die Verantwortlichen. Und: Betroffen seien gerade mal 20 von insgesamt 6500 Ausstellern. Derzeit würden aber noch einmal Gespräche mit allen Beteiligten geführt.