Der Jobaufschwung schwächelt

Nürnberg (dpa) - Der deutsche Jobaufschwung hat sich zum Beginn der Sommerpause weiter abgeschwächt - die Zahl der Arbeitslosen stieg im Juli um 67 000 auf 2 876 000. Trotz der überdurchschnittlich starken Zunahme war die Juli-Arbeitslosigkeit so niedrig wie zuletzt vor elf Jahren.

Das teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) am Dienstag in Nürnberg mit. Auch ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt weiter besser als im Vorjahr - damals waren 63 000 Männer und Frauen mehr arbeitslos. Die Arbeitslosenquote stieg im Juli um 0,2 Punkte auf 6,8 Prozent, nachdem sie im Vorjahr noch 7,0 Prozent betragen hatte.

BA-Chef Frank-Jürgen Weise zeigte sich trotz der leichten Abschwächung weiterhin zuversichtlich: „Das ist noch nicht die Trendwende“, stellte Weise mit Blick auf die weiterhin gute Beschäftigungslage klar. Auch hält er die aktuelle Lage anders als Volkswirte deutscher Großbanken keineswegs für eine „Delle“ auf dem Arbeitsmarkt. „Wir haben eine nachlassende Dynamik in guter Entwicklung“, unterstrich der BA-Manager und verwies dabei auf die hohe Zahl der offenen Stellen. Mit einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit rechne er in den kommenden Monaten trotzdem nicht.

Auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sieht derzeit keine negativen Auswirkungen der Euro-Schuldenkrise auf die Beschäftigung. „Erfreulicherweise ist der deutsche Arbeitsmarkt sehr gesund, sehr robust. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Krise auf den deutschen Arbeitsmarkt durchschlägt“, sagte sie am Dienstag im ARD-Morgenmagazin. „Die Dynamik des Sinkens der Arbeitslosigkeit hat etwas abgenommen, aber wir sind auf einem langjährigen Tiefstand der Arbeitslosigkeit.“ Es gebe immer noch viele offene Stellen.

Auch nach Weises Einschätzung droht dem Arbeitsmarkt von der Schuldenkrise zumindest vorerst keine akute Gefahr. So boome die deutsche Bauindustrie. Inzwischen werde auch der Rückgang der deutschen Exporte in die kriselnden südeuropäischen Staaten weitgehend von Exporten in außereuropäische Länder kompensiert. Dennoch sei die Bundesagentur auch für den Krisenfall gerüstet. Die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen seien darauf vorbereitet, Firmen sehr schnell etwa zu Kurzarbeit zu beraten, um einen größeren Jobabbau zu verhindern. Für groß angelegte Kurzarbeitprogramme wie in der Krise 2008/2009 fehle der Bundesagentur inzwischen allerdings das Geld.

Der Anstieg der Juli-Arbeitslosigkeit hat nach Einschätzung des BA-Chefs hauptsächlich saisonale Gründe. Das jahreszeitlich bedingte Plus gehe darauf zurück, dass sich viele Jugendliche nach dem Abschluss ihrer Schul- oder Berufsausbildung vorübergehend arbeitslos melden. Darüber hinaus endeten am Schluss des zweiten Quartals viele befristete Arbeitsverträge; Neueinstellung verschöben Unternehmen auf die Zeit nach den Werks- oder Sommerferien. Dass der Anstieg im Juli so stark wie zuletzt vor acht Jahren ausfiel, hängt für Weise auch mit den stark zurückgefahrenen Fort- und Ausbildungsangeboten der BA zusammen - Jobsucher in Fortbildungen gelten nicht als erwerbslos.

Nach Experteneinschätzung leidet der Arbeitsmarkt aber auch zunehmend unter der schwächeren Schubkraft der Konjunktur. Als Beleg verweisen sie auf die erneute Zunahme der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl: Auch ohne die jahreszeitlich bedingten Faktoren wäre die Zahl der Erwerbslosen im Juli um 7000 gestiegen - allerdings mit deutlichen regionalen Unterschieden: Im Westen stieg die saisonbereinigte Zahl um 11 000, im Osten nahm sie um 4000 ab.

Als Beleg für den seiner Ansicht nach weiterhin robusten Arbeitsmarkt führt der BA-Vorstand dagegen vor allem die weiterhin wachsende Zahl von Arbeitsplätzen an. Zudem stieg die Zahl der Erwerbstätigen - dem statistischen Gegenstück zur Arbeitslosenzahl - nach den jüngsten Daten vom Juni binnen Jahresfrist um 496 000 auf 41,70 Millionen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung lag den Angaben zufolge im Mai bei 28,95 Millionen und damit um 592 000 über dem Vorjahresmonat. Diese regulären Jobs entstanden in allen Bundesländern und in den meisten Branchen - vor allem in der Dienstleistungsbranche (ohne Zeitarbeit) und im verarbeitenden Gewerbe.