Der Name AWD verschwindet
Der Kauf des Finanzdienstleisters von Carsten Maschmeyer hat sich für Swiss Life nicht ausgezahlt: Nun folgt ein radikaler Schnitt.
Zürich/Hannover. Der Kauf des AWD von Carsten Maschmeyer war kein Glücksgriff: Der Schweizer Mutterkonzern Swiss Life schreibt nun fast eine halbe Milliarde Euro ab, streicht den Markennamen AWD und baut den Finanzvertrieb gründlich um. Dabei kappt die Zürcher Versicherungsgruppe in dem künftig „Swiss Life Select“ genannten Unternehmen allein in Deutschland bis zu 300 Arbeitsplätze. Die Kürzungen treffen vor allem die Mitarbeiter in Verwaltung und Technik, auch am Stammsitz Hannover.
Der heute 53 Jahre alte Maschmeyer hatte das Unternehmen 1988 gegründet und zu einer internationalen Vertriebsmaschine für Finanzprodukte ausgebaut. Seit 2007 hatten die Schweizer die Firma schrittweise übernommen. Über die Kaufsumme wurde Stillschweigen vereinbart, bezogen auf das Übernahmeangebot von Ende 2007 hatte AWD einen Betrag von 1,16 Milliarden Euro genannt.
Swiss-Life-Chef Bruno Pfister verteidigte die damalige Erweiterung der Swiss-Life-Gruppe um den AWD. Sie sei „strategisch gesehen“ richtig gewesen: Bevor der ebenso schillernde wie umstrittene Maschmeyer mit engen Kontakten in die Politik seine Anteile vor der weltweiten Finanzkrise an Swiss Life verkaufte, seien die Perspektiven rosig gewesen. „Bis zu diesem Zeitpunkt wurden jedes Jahr Umsatz- und Gewinnrekorde erzielt.“ Man müsse nun aber „selbstkritisch“ anerkennen, dass Wachstumsmöglichkeiten beim AWD überschätzt worden seien, so Pfister.
Als offenen Bruch mit der Ära Maschmeyer will er die nun gefassten Beschlüsse aber nicht verstanden wissen. Von Neuorientierung ist die Rede — man wisse schließlich um die Aufbauleistungen des Gründers. Dennoch: „Der AWD hat sich von der Vaterfigur emanzipiert“, sagte Pfister.
Auch Maschmeyer kann die Umbenennung seines Lebenswerks nachvollziehen: Es sei „logisch und konsequent, wenn Swiss Life heute den Markennamen AWD aufgibt und die nationalen AWD-Vertriebe mit den Swiss-Life-Ländergesellschaften zusammenlegt“.
Der AWD sieht sich seit Jahren mit Schadenersatzklagen wegen mutmaßlich überhöhter Provisionen konfrontiert. Das bereitete dem Unternehmen beim Neugeschäft Schwierigkeiten — obwohl die Vorwürfe bislang in den meisten Fällen von Gerichten abgewiesen wurden. Den Niedersachsen zufolge gibt es inzwischen mehr als 200 Entscheidungen zugunsten des AWD, in „mehreren hundert Fällen“ seien zudem Klagen zurückgezogen worden.
Trotzdem musste AWD Einbußen hinnehmen. Der Umsatz ging von Januar bis September im Vergleich zum Vorjahr um 13 Prozent auf 340 Millionen Euro zurück.