Deutsche Flughäfen kontern EU-Kommissar

Frankfurt/Hamburg (dpa) - Deutschlands Flughäfen wollen sich die heftige Kritik von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas an einer angeblich mangelnden Wintervorbereitung nicht gefallen lassen. Der größte deutsche Flughafen in Frankfurt am Main sieht sich von der Rüge gar nicht angesprochen.

Hamburg, Berlin und Düsseldorf weisen die Vorwürfe zurück, München reagiert gelassen. Kallas, einst Ministerpräsident von Estland, hatte Europas Flughäfen die Schuld an den massiven Ausfällen in Folge des Wintereinbruchs gegeben und sich damit der Kritik vieler Fluggäste angeschlossen. Die EU-Kommission bestellte die Flughafen-Chefs mit ungewöhnlich deutlichen Worten zum Rapport ein - allerdings nicht sofort, sondern frühestens im Januar.

„Die plötzlichen Vorwürfe aus Brüssel sind für uns unverständlich“, sagte die Sprecherin des Hamburger Flughafens, Stefanie Harder. „Wir würden gern einmal den EU-Kommissar für ein Training on the Job an den Flughafen einladen.“ Die Organisation eines Flughafens sei eine sehr komplexe Sache, zudem stünden die Airport-Betreiber unter einem enormen Sicherheitsdruck. „Wir transportieren schließlich Menschen“, sagte Harder.

Am wichtigsten deutschen Flughafen in Frankfurt sagte Sprecher Jürgen Harrer trotz tausender gestrandeter Passagiere der letzten Tage: „Wir haben die kritischen Töne aus der Presse zur Kenntnis genommen, fühlen uns aber nicht angesprochen“. Schließlich sei der Frankfurter Flughafen bestmöglich auf den Winter vorbereitet gewesen. 300 Mann seien rund um die Uhr im Einsatz gewesen, rund 200 Fahrzeuge standen zur Verfügung. An Enteisungsmitteln fehle es auch nicht. „Unsere Lager sind bestens gefüllt.“

Auch der zweitgrößte deutsche Flughafenbetreiber sieht sich nicht betroffen: „In München rechnen wir stets mit Schnee“, sagte Flughafensprecher Robert Wilhelm. Das gesamte Airport-Konzept sei darauf ausgerichtet, so habe München mit die meisten und größten Startbahnräumgeräte. Für den Winterdienst seien 350 Mitarbeiter abgestellt. Die Kosten für den Winterdienst beliefen sich bislang auf zwei Millionen Euro.

„Auch bei den Enteisungsmitteln sind wir gut aufgestellt“, sagte Wilhelm. Es komme zu keinen Engpässen, da bis zu 65 Prozent der eingesetzten Mittel wieder aufbereitet würden. Die Ausfälle an den Airports in London und Frankfurt hätten aber auch München getroffen. Bis zu täglich 100 Annullierungen habe es gegeben, zuletzt waren es 70 und an diesem Mittwoch noch 15 bis 20.

Auch der Flughafenbetreiber in Berlin wies die EU-Vorwürfe zurück. „Ich denke, dass wir uns gut und gründlich vorbereitet haben“, sagte Sprecher Ralf Kunkel. Erhebliche Probleme hat es vor zwei Wochen in Berlin wegen fehlender Enteisungsmittel gegeben. Dafür sei allerdings ein eigener Dienstleister zuständig. „Entsprechend müsste die Kritik dann auch dahin gehen“, sagte Kunkel.

Die Vorwürfe aus Brüssel ließen auch die Betreiber des drittgrößten deutschen Flughafens Düsseldorf kalt. „In Düsseldorf hatten wir uns gut vorbereitet. Engpässe mit Enteisungsmittel hatten wir nicht“, sagte Sprecher Christian Hinkel. Die Probleme an den Drehkreuzen London Heathrow und Frankfurt hätten sich aber auch auf Düsseldorf ausgewirkt. Seit Wintereinzug durch das Sturmtief „Petra“ mit Schnee und Eis habe es etwa 10 Prozent Annullierungen gegeben.

EU-Kommissar Kallas hatte am Dienstag die Flughafen-Chefs über die Presse zum Rapport nach Brüssel einbestellt, die Flughäfen aber nicht selbst informiert. Am Mittwoch räumte die Kommission ein, dass sie die Einladung noch gar nicht verschickt habe. Das Treffen solle auch erst im neuen Jahr stattfinden, sagte eine Kallas-Sprecherin nun. Ein früherer Zeitpunkt sei nicht möglich: „Die Flughäfen müssen im Moment die große logistische Herausforderung meistern, die Passagiere vor Weihnachten nach Hause zu bringen“, meinte die Sprecherin.

Das Tauwetter brachte allerdings inzwischen wieder Entspannung in den Luftverkehr. Am Frankfurter Flughafen etwa mussten nur noch rund fünf Prozent der geplanten Flügen abgesagt werden - ausschließlich, weil Maschinen an anderen Flughäfen wie London nicht starten konnten.

Extremen Maßnahmen für eine bessere Winterfestigkeit der Flughäfen erteilte der Flughafensprecher in Frankfurt eine Absage. Eine Beheizung der Start- und Landebahnen sowie der Rollwege - analog zu manchen Fußball-Plätzen - sei nicht realistisch. „Das ist illusorisch“, sagte Harrer. Allein Frankfurt verfügt derzeit über rund zwölf Kilometer Piste und 6,9 Millionen Quadratmeter Vorfeldfläche.

Auch der Bau von speziellen Hallen für die am Terminal stehenden Flugzeuge, um eine Vereisung zu vermeiden, sei nicht umsetzbar. „Das ist so nicht machbar.“ Schließlich werde rund um die Flugzeuge an allen Seiten viel Platz benötigt. In Hallen werden Flugzeuge nur während der Wartung untergebracht. Der neue Riesen-Airbus A380 hat dazu eine eigene Wartungshalle am Frankfurter Flughafen bekommen.

In München räumte der Airport-Sprecher aber ein: „Wer glaubt, dass bei starkem Schneefall irgendein Flughafen auf der Welt die Flugpläne einhalten könne, liegt falsch.“ Schließlich seien die Pläne für „normale“ Wetterlagen ausgelegt.