Lebensversicherungen: Garantiezins könnte sinken
Berlin (dpa) - Neuverträge der klassischen Kapitallebensversicherung könnten ab Mitte 2011 deutlich unattraktiver werden: Das Bundesfinanzministerium erwägt, die Garantieverzinsung zum 1. Juli von derzeit 2,25 Prozent auf dann 1,75 Prozent zu senken.
Es wäre die erste Senkung seit 2007. Dies geht aus einem Verordnungsentwurf des Ministeriums hervor, der den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX vorliegt. Die Versicherer laufen Sturm gegen die Pläne und fürchten um ihren einstigen Verkaufsschlager. Für eine Änderung des sogenannten Höchstrechnungszinses gebe es 2011 keinen Anlass, argumentiert der Branchenverband GDV.
Das Finanzministerium wollte die Pläne nicht bestätigen. Einem Sprecher zufolge wird in Abstimmung mit anderen Ministerien geprüft, ob die betreffende Verordnung geändert wird. Verbände aus Versicherungswirtschaft und Verbraucherschutz sollen bis zum 14. Januar 2011 Stellung zu den Plänen beziehen.
Der Höchstrechnungszins ist der maximale Zins, den Versicherer ihren Kunden garantieren dürfen - ein wichtiges Verkaufsargument für das Geschäftsmodell Lebensversicherungen. Dieser Zins ist an die durchschnittliche Rendite zehnjähriger europäischer Staatsanleihen gekoppelt und darf 60 Prozent davon nicht überschreiten.
Seit 2007 liegt er unverändert bei 2,25 Prozent. Die DAV, der Berufsverband der Versicherungsmathematiker, hatte im Februar empfohlen, den Rechnungszins 2011 auf dieser Höhe zu belassen. Letztlich entscheidet das Finanzministerium darüber, ob der Zins im kommenden Jahr geändert wird.
Wie der Branchenverband GDV betont, würde eine Änderung des Höchstrechnungszinses nur solche Verträge betreffen, die nach dem Umstellungszeitpunkt abgeschlossen werden. Für Altpolicen wirkt der beim Abschluss gültige Garantiezins weiter. Diesen müssen die Versicherer weiterhin erwirtschaften, auch wenn das allgemeine Zinsniveau und der neue Garantiezins sinken.
Sollte es zu der Senkung kommen, dürften Versicherer merklich weniger Verträge verkaufen, weil diese dann an Attraktivität verlieren würden. „Aus Marketinggründen wäre eine Senkung durch das Bundesfinanzministerium für die Versicherer nicht schön“, erklärt Thorsten Rudnik, Vorstandsmitglied des Bundes der Versicherten (BdV). Noch bis in die 1990er Jahre hätten die Gesellschaften schließlich mit Höchstrechnungszinsen von über drei Prozent werben können.
Mit einer Zinssenkung würden Lebensversicherungen weniger attraktiv, betont auch Susanne Meunier von der Stiftung Warentest. Da viele Versicherer zudem in den vergangenen Monaten die Überschussbeteiligung gesenkt hätten, sollten sich Neukunden gut überlegen, ob sie eine Lebensversicherung wirklich brauchten.
Die Verzinsung von Lebensversicherungen setzt sich aus verschiedenen Teilen zusammen: dem Garantiezins, der Überschussbeteiligung und dem Schlussüberschuss. Während der Garantiezins offiziell festgelegt wird, ist die Höhe der Überschussbeteiligung variabel. Sie hängt davon ab, wie viel Geld ein Versicherer mit seinen Kapitalanlagen erwirtschaften kann.
Die durchschnittliche Überschussbeteiligung der Lebensversicherer in Deutschland wird 2011 bei rund 4,1 Prozent liegen, wie der BdV errechnet hat. Mitte Dezember hatte der Marktführer Allianz bekanntgegeben, die Überschussbeteiligung für 2011 von 4,3 auf 4,1 Prozent zu senken. Die Debeka senkt von 4,6 auf 4,3 Prozent, stabil bleiben die Zinsen bei Ergo (4,0), wie die Versicherer in den vergangenen Tagen mitteilten.