Deutsche reisen mehr als je zuvor: Branche auf ITB in Feierlaune
Berlin (dpa) - Die Deutschen sind so reiselustig wie noch nie. Im vergangenen Jahr machten die Bundesbürger mehr Urlaub als je zuvor. Knapp 55 Millionen waren unterwegs und machten einer Studie zufolge fast 71 Millionen Reisen von fünf Tagen und mehr.
Die Tourismusbranche schätzt die Aussichten angesichts gefüllter Urlaubskassen auch für dieses Jahr als glänzend ein. Die weltgrößte Touristikmesse ITB in Berlin begann deshalb am Mittwoch in bester Stimmung.
Im vergangenen Jahr erreichten die Urlaubsausgaben nach der jüngsten Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) mit gut 64 Milliarden Euro einen Rekordwert. Jeder Bundesbürger ließ sich im Durchschnitt seine Reise 906 Euro kosten. Zudem machten sie knapp 76 Millionen Kurzreisen von zwei bis vier Tagen und wendeten dafür gut 19 Milliarden Euro auf. Bereits knapp ein Drittel der Reisen wird online gebucht, wie die FUR in ihrer Analyse ermittelte.
Die Messehallen rund um den Funkturm sind mit 10 147 Aussteller aus 189 Ländern und Regionen voll ausgebucht. Am Mittwoch öffnete die ITB (bis 9. März) zunächst für Fachbesucher, am Wochenende dann für private Besucher. Erwartet werden insgesamt 170 000 Gäste.
Der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft rechnet für dieses Jahr mit einem weiteren Umsatzplus von 1,5 bis 2 Prozent. Das Reiseland Deutschland bleibt aus Sicht der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) insbesondere bei ausländischen Gästen beliebt. Die Zahl der Übernachtungen internationaler Besucher werde 2014 um ein bis drei Prozent auf 72,6 bis 74,1 Millionen steigen, sagten die Tourismuswerber der Bundesrepublik am Mittwoch voraus. „Die Märkte, die jetzt aufbrechen und reisen, haben Deutschland im Fokus“, bemerkte DZT-Chefin Petra Hedorfer.
Die Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD), forderte die Branche auf, die Arbeits- und Ausbildungsbedingungen zu verbessern. Viele Betriebe zahlten gut, aber nicht überall würden die Beschäftigten anständig entlohnt „Sie sollen mit dem, was sie verdienen, auch selbst einmal Urlaub machen können.“
Am Vorabend eröffnete Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Messe. Der Tourismus habe großes Potenzial für Wachstum und Beschäftigung, hob er hervor. Reisen bedeute Lebensqualität und dürfe nie wieder zum Privileg für die Reicheren werden. Er lobte, dass sich immer mehr Reiseveranstalter zu umweltverträglichem Tourismus verpflichtet hätten.
Nach einer Umfrage ist jeder dritte bereit, mehr Geld für umweltfreundlicheres Reisen auszugeben, die meisten von ihnen wollen aber nicht mehr als zehn Euro drauflegen, wie eine repräsentative Umfrage der Stiftung für Zukunftsfragen zu Jahresanfang ergab. Die Stiftung wurde vom Tabakkonzerns British American Tobacco gegründet.
„Die Deutschen verreisen, egal ob es wirtschaftliche oder gesellschaftliche Probleme gibt oder nicht“, erklärte Professor Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft FUR die große Reiselust. Beliebtestes Reiseziel bleibt das eigene Land mit einem Anteil von 30 Prozent. Dahinter folgten erneut Spanien, Italien, die Türkei und Österreich. Zu den Gewinnern zählte 2013 aber auch Griechenland, das deutlich zulegte.
Ägypten fiel dagegen weiter zurück. Die politischen Unruhen und der jüngste Terroranschlag in Taba auf der Sinai-Halbinsel schrecken die Urlauber ab. Die Zahl deutscher Urlauber sank bereits im vergangenen Jahr von 1,16 Millionen auf nur noch 885 000 - ein Rückgang um 24 Prozent. Der ägyptische Tourismusminister Hisham Zaazou versprach auf der ITB: „Sicherheit ist das Thema Nummer eins für mich und die Regierung.“ Er sei zwar kurzfristig etwas besorgt, hoffe aber, dass auch die Touristen aus Deutschland langfristig wieder zurückkommen. Die Deutschen seien beim Thema Sicherheit besonders sensibel.
Der Boom bei Hochseekreuzfahrten hält indes weiter an. Die Reedereien in Deutschland konnten im vergangenen Jahr einen Passagierrekord verbuchen. Die Zahl der Gäste für Aida & Co stieg um 9,2 Prozent auf 1,69 Millionen, der Umsatz lag bei 2,5 Milliarden Euro, wie aus einer Studie des DRV und des Kreuzfahrtverbandes CLIA hervorgeht. Auch für 2014 rechnen die Verbände mit einem weiteren Wachstum.
Dass der Strukturwandel auch in der Reisebranche voll im Gang ist, zeigt die FUR-Studie. Zwar werden Pauschalreisen weiter favorisiert und auch die Buchung im Reisebüro. Der Trend geht aber zur Direktbuchung. Onlinebuchungen nehmen stetig zu: von 11 Prozent aller Reisen im Jahr 2005 auf 31 Prozent im Jahr 2013.