Privatanleger verschmähen Aktien
Frankfurt/Main (dpa) - Immer weniger Deutsche vertrauen bei der Geldanlage auf Aktien. Trotz des Börsenbooms trennten sich allein 2013 rund 600 000 Menschen von ihren Aktien oder Aktienfonds, wie das Deutsche Aktieninstitut (DAI) mitteilte.
Damit seien nur noch 8,9 Millionen Deutsche direkt oder indirekt in diesen Wertpapieren engagiert. Ihr Anteil an der Bevölkerung sank den Angaben zufolge von 14,7 Prozent im Vorjahr auf 13,8 Prozent.
DAI-Chefin Christine Bortenlänger beobachtet die Abkehr von den Börsen mit Sorge: „Ohne Aktien verzichten Anleger auf eine langfristig stabile Rendite über der Inflationsrate und damit auf die Chance, höhere Sparerfolge zu erzielen.“ Zumal Sparprodukte wie Tages- oder Termingeld wegen des extrem niedrigen Zinsniveaus derzeit inflationsbereinigt Verlustgeschäfte sind. Hingegen herrschte an den Börsen 2013 Partystimmung: Der Dax legte um 25 Prozent zu.
Nach den DAI-Zahlen kehrten seit 2001 rund 3,9 Millionen Menschen Aktien oder Aktienfonds den Rücken - und damit fast jeder dritte Anleger. Das liege auch an schlechten Erfahrungen aus früheren Börseneinbrüchen. Doch selbst in guten Börsenzeiten können Anleger viel Geld verlieren, wenn sie in das falsche Unternehmen investieren.
Wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) am Mittwoch in Frankfurt berichtete, verbrannte auch 2013 eine Reihe von Gesellschaften das Kapital ihrer Aktionäre. Das einstige Vorzeigeunternehmen Solarworld führt die unrühmliche Liste der „größten Kapitalvernichter“ in Deutschland an.
Die Aktie des Bonner Unternehmens verlor demnach allein 2013 fast 57 Prozent an Wert, seit 2009 ging der Kurs um 97 Prozent in den Keller. Solarworld konnte im vergangenen Sommer eine Insolvenz verhindern, im Februar schloss das Unternehmen seine Sanierung ab.
Noch mehr Börsenwert setzten zwar die IVG Immobilen AG, die Centrosolar Group und der Elektronikkonzern Loewe in den Sand - da diese Unternehmen inzwischen insolvent sind, wird ihre Kursentwicklung aber nicht mehr für die DSW-Watchlist berücksichtigt.
Die Analyse beleuchtet die Kursentwicklung der 50 Gesellschaften, die in den größten deutschen Aktienindizes binnen 12, 36 und 60 Monaten die größten Kursverluste eingefahren haben.
Wie Untersuchung belegt, sind auch Investitionen in große Gesellschaften nicht immer ein sicheres Investment. Unter den Top-Ten der Kapitalvernichter taucht auch die Commerzbank wieder auf. Zwar konnte das Dax-Unternehmen 2013 an der Börse um 9,5 Prozent zulegen. Im Fünfjahresvergleich bleibt aber ein Minus von 70,5 Prozent.
Und der vorgezogene Atomausstieg habe gezeigt, wie schnell erfolgreiche Unternehmen in eine echte Gewinnkrise stürzen können, sagte DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler - die beiden Energieversorger RWE und Eon haben in den vergangenen fünf Jahren über die Hälfte ihres Börsenwerts eingebüßt.
Nach den Angaben des DAI zogen sich die Deutschen im vergangenen Jahr allerdings allein aus den Fonds zurück, während die Zahl derjenigen, die Geld direkt in Aktien anlegen, stabil blieb. Wie im Vorjahr haben demnach 4,6 Millionen Anleger Aktien in ihren Depots - das sind 7,1 Prozent der Bevölkerung.
Der Fondsverband BVI hatte für 2013 aus Aktienfonds Abflüsse von 6,6 Milliarden Euro vermeldet. Gleichzeitig flossen sogenannten Mischfonds - also Investmentfonds, die sowohl in Aktien als auch beispielsweise in Rentenpapiere oder Geldmarkttitel investieren - 18,2 Milliarden Euro zu. „Das relativiert die Entwicklung. Damit sieht es bei Aktien gar nicht so schlecht aus“, sagte ein Sprecher.
Als dramatisch bezeichnete Bortenlänger, dass vor allem immer mehr jüngere Menschen um die Anteilsscheine einen großen Bogen machen: Waren 2001 noch 17,5 Prozent der 20- bis 29-Jährigen in Aktien oder -fonds investiert, sind es heute nur noch 8,7 Prozent. Das bedeute, dass die junge Generation möglicherweise in großem Stil falsch spare und damit auf eine Sicherung des Lebensstandards im Alter verzichte.