Deutsche Wirtschaft schrumpft zum Jahresende

Wiesbaden (dpa) - Heftiger Dämpfer für die deutsche Wirtschaft: Die Rezession im Euroraum und die weltweite Konjunkturschwäche trafen Europas größte Volkswirtschaft Ende 2012 stärker als erwartet.

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte im Schlussquartal preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,6 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Geschätzt hatte die Wiesbadener Behörde zuvor ein Minus von 0,5 Prozent. Der Rückgang war der heftigste seit Anfang 2009. Auch die Wirtschaft im Euroraum brach Ende 2012 so stark ein wie seit fast vier Jahren nicht mehr. Für Deutschland sehen Ökonomen aber schon die Trendwende.

In den ersten drei Quartalen 2012 war die deutsche Wirtschaft gewachsen - wenn auch mit nachlassender Dynamik: 0,5 Prozent Plus zum Vorquartal zum Jahresauftakt, dann 0,3 Prozent und 0,2 Prozent im dritten Vierteljahr. Im Vergleich zum vierten Quartal 2011 stieg das preisbereinigte BIP Ende 2012 leicht um 0,1 Prozent. Für das Gesamtjahr bestätigten die Statistiker einen BIP-Anstieg um 0,7 Prozent. Wichtigster Wachstumsmotor war der Export.

Die Statistiker führten den schwachen Jahresabschluss maßgeblich auf den Außenhandel zurück: Die Exporte sanken wesentlich stärker als die Importe. Denn die Wirtschaft des Euroraums rutschte tiefer in die Rezession, die im Frühjahr vergangenen Jahres eingesetzt hatte.

In den 17 Euroländern insgesamt schrumpfte das BIP um 0,6 Prozent zum Vorquartal, wie die Statistikbehörde Eurostat in einer ersten Schätzung mitteilte. Im Gesamtjahr 2012 sank das BIP im Euroraum um 0,5 Prozent. Den heftigsten Einbruch zum Vorquartal verzeichnete Portugal (minus 1,8 Prozent). Auch Spanien (minus 0,7 Prozent) und Italien (minus 0,9 Prozent) stecken in der Rezession fest. Für Griechenland gab es zum Vorquartal zwar keine Zahlen - aber mit einem Minus von 6 Prozent zum Vorjahresquartal schnitt die Wirtschaft des krisengeschüttelten Landes am schlechtesten in Europa ab.

Deutschlands Nachbarland Frankreich ließ im vergangenen Jahr ebenfalls Federn. Von Oktober bis Dezember sank das BIP der zweitgrößten Euro-Volkswirtschaft nach Angaben des Pariser Statistikamtes Insee um 0,3 Prozent zum Vorquartal. Im dritten Quartal war das BIP noch um 0,1 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Wirtschaftsleistung ebenfalls um 0,3 Prozent. Viele Ökonomen werfen Frankreich eine zu zögerliche Reformpolitik vor.

Japan, drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, gab am Donnerstag ebenfalls negative Konjunkturzahlen bekannt: Die Wirtschaft schrumpfte überraschend im dritten Quartal in Folge, doch die Talsohle scheint dort erreicht. Wie die japanische Regierung mitteilte, sank das BIP im Zeitraum Oktober bis Dezember 2012 um eine hochgerechnete Jahresrate von 0,4 Prozent. Zum Vorquartal schrumpfte Japans Wirtschaft im Schlussquartal um 0,1 Prozent.

In Deutschland gingen zum Jahresende die Investitionen in Bauten leicht zurück, zudem steckten die von der Staatsschuldenkrise verunsicherten Unternehmen deutlich weniger Geld in neue Maschinen und Anlagen als im Vorquartal. Leicht positiv entwickelten sich der private und der staatliche Konsum. „Die hohe Unsicherheit in Europa hat die Investitionen gebremst und die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland gedämpft“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Die Schwächephase sei nur temporär. Rösler zeigt sich überzeugt: 2013 werde die deutsche Wirtschaft wieder wachsen.

Auch Ökonomen erwarten nach dem Minus zum Jahresende 2012 nicht, dass Deutschland in die Rezession stürzt. Vielmehr dürfte das Konjunkturtal schon durchschritten sein. „Im ersten Quartal 2013 dürfte die deutsche Wirtschaft wieder merklich wachsen“, prognostizierte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Das Bundeswirtschaftsministerium zeigt sich in seinem aktuellen Monatsbericht ebenfalls zuversichtlich: „Die Perspektiven hellen sich allmählich auf. Die Frühindikatoren deuten auf ein absehbares Ende der aktuellen Schwächephase hin.“ Dennoch hatte die Regierung ihre Wachstumsprognose für 2013 von 1,0 auf 0,4 Prozent reduziert.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW/Berlin) erwartet, dass die Konjunktur schon im ersten Quartal 2013 wieder ordentlich Fahrt aufnehmen wird. DIW-Deutschlandexperte Simon Junker erklärte: „Die Industrie hat das Tief durchschritten und ist gut in das Jahr gestartet.“ Die Exporte hätten sich stabilisiert, die Auftragseingänge - sogar die aus dem krisengeschüttelten Euroraum - seien wieder gestiegen. Dank der positiven Impulse aus dem Ausland dürften Unternehmen bald wieder in Maschinen und Anlagen investieren.

Gefährdet werden könnte die konjunkturelle Erholung im Euroraum durch eine weitere Aufwertung des Euro. Waren aus der Eurozone werden im außereuropäischen Ausland tendenziell teurer, wenn der Euro gegenüber anderen Währungen an Wert gewinnt. Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht in der anhaltenden Aufwertung der Gemeinschaftswährung ein Risiko für die Preisentwicklung. Zwar seien die Inflationsgefahren unter dem Strich weitgehend ausgewogen, heißt es im Monatsbericht der Notenbank. Jedoch stelle der erhöhte Wechselkurs des Euro für sich genommen schon ein „Abwärtsrisiko“ dar.

EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio warnte allerdings davor, einen „Währungskrieg“ herbeizureden: „Wir müssen verhindern, die Rhetorik zu verschärfen“, sagte Constancio auf einer Konferenz in Brüssel.

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