Deutschland besteht auf Reformzusagen Griechenlands

Berlin (dpa) - In Deutschland wächst wegen des Gezerres um eine Lockerung der Sparauflagen für Griechenland die Ungeduld mit dem pleitebedrohten Land. Angesichts zunehmender Zweifel am Reformkurs lehnt Deutschland eine Aufweichung der Vorgaben ab.

Die Erfüllung der Vereinbarungen, „wozu Inhalt und Zeitrahmen gehören, steht für uns nicht infrage. Sie ist die notwendige Voraussetzung für die weitere Zusammenarbeit“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. In der schwarz-gelben Koalition wird zusehends Unmut über die Regierung in Athen laut, die mehr Zeit für Sanierungsprogramme erreichen will. Vor Entscheidungen über weitere Milliardenhilfen will Berlin aber zuerst sehen, wie es um die bisherige Umsetzung steht.

Die EU-Kommission beklagt unterdessen ein Wirrwarr in der griechischen Verwaltung, das dem pleitebedrohten Land auch den Zugang zu wichtigen Fördergeldern verbaut. Viel zu oft werden Akten zwischen regionalen, kommunalen und nationalen Behörden hin- und hergeschoben, kritisierte Regionalkommissar Johannes Hahn nach einem zweitägigen Besuch in Athen. Es gehe um Gelder in Höhe von rund 11,5 Milliarden Euro, die die griechische Wirtschaft ankurbeln könnten, sagte Hahn bei einer Pressekonferenz, wie die halbamtliche Nachrichtenagentur ANA berichtete.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle sagte: „Die Berichte aus Griechenland lassen einen wirklich an der Reformfähigkeit des Landes zweifeln.“ Einen Aufschub von zwei Jahren, wie ihn die Athener Regierung anstrebt, könne es nicht geben. „Auch bei den Auflagen werden wir den Griechen nicht weiter entgegenkommen können.“

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, sagte der dpa, es gelte „unaufhebbar das Prinzip "Hilfen nur gegen Auflagen".“ Die Auflagen müssten „strikt in Inhalt und Zeitplan eingehalten und umgesetzt werden“. Die Regierung in Athen will bei den Kreditgebern eine Streckung neuer Auflagen um mindestens zwei Jahre erwirken. Es geht um Sparmaßnahmen von 11,5 Milliarden Euro 2013 und 2014.

Die Bundesregierung will als nächstes den Bericht der Troika aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) abwarten, die derzeit die Umsetzung der Sparzusagen überprüft. Auf dieser Basis könnten dann die nächsten Entscheidungen mit den europäischen Partnern getroffen werden, sagte Seibert. FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte im Deutschlandfunk: „Ich habe das Gefühl, dass sich die Geduld bei der Troika dem Ende neigt.“

Laut „Rheinischer Post“ geht aus einem vorläufigen Troika-Bericht hervor, dass die griechische Regierung 210 von rund 300 Sparvorgaben nicht erfüllt habe. Bei Privatisierungen würden in diesem Jahr nur zwei Maßnahmen im Volumen eines niedrigen zweistelligen Millionen- Betrages umgesetzt, schreibt die Zeitung (Freitag) unter Berufung auf ein deutsches Regierungsmitglied, das mit dem Bericht vertraut sei. Dem Bundesfinanzministerium liegt kein Zwischenbericht vor, wie eine Sprecherin sagte. Mündliche Vermutungen würden nicht kommentiert.

Der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts, Kai Carstensen, sagte Handelsblatt Online, es zeige sich immer mehr, dass Griechenland die vorgegebenen Konditionen nicht einhalten könne. „Die EU gelangt hier an den Punkt, an dem sie sich überlegen muss, ob sie die Glaubwürdigkeit der selbst gesetzten Bedingungen verteidigen will oder ob sie nachgibt und damit ein weiteres Mal signalisiert, dass Regeln nicht eingehalten werden müssen“, sagte Carstensen.

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehe es weiterhin darum, dass Griechenland die Hilfe bekommt, „die es braucht, um sich im Euro zu stabilisieren“, bekräftigte Seibert. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach sich hingegen für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone aus, wobei es aber eine Rückkehroption geben solle. „Von Tag zu Tag wird deutlicher, dass Griechenland nur dann eine Chance hat, wenn es den Euro verlässt“, sagte er der „Rheinischen Post“.

Die Mehrheit der Deutschen ist dagegen, Ländern unter dem Euro- Rettungsschirm mehr Zeit zu gewähren, um die vereinbarten Sparziele umzusetzen. Laut ZDF-Politbarometer sind 61 Prozent der Befragten gegen solchen Aufschub, knapp ein Drittel (31 Prozent) befürwortet eine Lockerung der Vorgaben. Weiterhin lehnt eine Mehrheit der Befragten gemeinsame Anleihen der Euro-Länder (Eurobonds) ab.