Eon schreibt Milliardenverlust
Düsseldorf (dpa) - Die Atomwende in Deutschland hat dem größten deutschen Energiekonzern Eon herbe Verluste beschert und ihn zu einem beschleunigten Ausbau neuer Geschäftsfelder getrieben.
Bei der Bilanzvorlage am Mittwoch in Düsseldorf sprach Vorstandschef Johannes Teyssen vom bisher „schwierigsten Jahr“ in der Eon-Geschichte. Erstmals verbuchte der Energieriese 2011 einen Verlust, und zwar von 2,2 Milliarden Euro, nach einem Gewinn von 5,8 Milliarden im Vorjahr. Vor allem die Erlöseinbußen durch die Stilllegung von zwei Atommeilern und die Brennelementesteuer sowie massive Abschreibungen auf Aktivitäten in Südeuropa machten dem Düsseldorfer Konzern zu schaffen.
Teyssen kündigte an, das Unternehmen künftig noch stärker in Richtung erneuerbare Energien auszurichten und die Präsenz des Unternehmens in wachstumsstarken außereuropäischen Märkten auszubauen. Neben Nordamerika und Russland gehört dazu nach seiner Einschätzung vor allem Brasilien, wo Eon vor wenigen Wochen eine Partnerschaft zum Aufbau von Kapazitäten bei erneuerbaren Energien beschlossen hatte. Darüber hinaus verhandelt Eon mit lokalen Partnern auch über den Markteintritt in der Türkei und Indien.
„Eon hat die Talsohle erreicht“, sagte Teyssen resümierend über das abgelaufene Geschäftsjahr. Dabei zahle sich das frühzeitige Engagement in erneuerbare Energien aus. In den kommenden fünf Jahren werde der Konzern eine Summe von 7 Milliarden Euro in diesen Bereich investieren, darunter eine Milliarde Euro in Deutschland. Bei den Windanlagen auf hoher See nehme Eon schon heute weltweit eine Vorreiterrolle ein.
Im vergangenen Jahr war der Konzernumsatz um 22 Prozent auf 113 Milliarden Euro gestiegen, bedingt durch einen regen Strom- und Gashandel. Werden die einmaligen milliardenschweren außerplanmäßigen Abschreibungen aus dem Nettoergebnis herausgerechnet, ergibt sich nach Darstellung von Eon ein sogenannter nachhaltiger Konzernüberschuss von 2,5 Milliarden Euro, fast 50 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Diese Kennzahl ist maßgeblich für die Höhe der Dividende.
Die kräftigen Ergebniseinbußen werden die Aktionäre mit einer deutlichen Kürzung der Ausschüttung zu spüren bekommen. Die Dividende, so der Vorschlag von Vorstand und Aufsichtsrat, soll von 1,50 Euro auf 1,00 Euro gekürzt werden. Für das laufende Jahr versprach der Konzern seinen Anteilseigner wieder ein leichtes Plus auf 1,10 Euro. Am Aktienmarkt war die Eon-Aktie indessen der Tagesgewinner. Das Papier lag am Mittag mehr als 6 Prozent im Plus.
Durch die Energiewende waren Eon und die drei anderen großen deutschen Energieversorger RWE, EnBW und Vattenfall 2011 in erhebliche Schwierigkeiten geraten. Die Gewinne brachen massiv ein. Teyssen bezifferte die Belastung durch das Abschalten von zwei Atommeilern auf 2,5 Milliarden Euro, einschließlich der neuen Kernbrennstoffsteuer. Zu verkraften hatten die Düsseldorfer darüber hinaus erheblich Gewinneinbußen im Gashandel.
Die Konzerntochter Eon Ruhrgas steht seit längerem wegen langfristiger Lieferverträge unter Margendruck. So verzeichnete Eon 2011 im Gashandel operativ einen Ergebnisrückgang von 700 Millionen Euro. Die Verluste sollen auch im laufenden Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag ausmachen. Eine Wende zeichnet sich ab: Mit der norwegischen Statoil erzielte Eon inzwischen eine Einigung über die Lieferung von 25 Prozent des gesamten Gasbezugs zu Preisen auf Marktniveau.
Keine Fortschritte über eine Anpassung der Preise bei den Lieferverträgen gibt es dagegen mit der russischen Gazprom, von der Eon 35 Prozent seiner Gasmengen erhält. Der Fall liegt derzeit vor dem Schiedsgericht. Die internationalen Gasmärkte sind derzeit durch hohe Preisturbulenzen gekennzeichnet. Die Erschließung neuer Gasquellen wie vor allem Schiefergas in den USA drückt auf die Preise.
Bei seinen Beteiligungsverkäufen kommt Eon offenbar weiter voran. Bis Ende 2013 will der Konzern hieraus eine Summe von 15 Milliarden Euro erlösen, 9,5 Milliarden seien bereits umgesetzt, sagte Finanzchef Marcus Schenck. In den kommenden Monaten erwartet Eon den Abschluss des Verkaufs seines Gasnetzes. In der Branche wird der Wert des Netzes auf über 2 Milliarden Euro taxiert.
Zuversichtlich zeigte sich Teyssen indes bei der Umsetzung des Umbau- und Sparprogramms Eon 2.0. Das Unternehmen will weltweit in den kommenden Jahren bis zu 11 000 Stellen abbauen. Ende 2011 beschäftigte Eon weltweit rund 79 000 Menschen. Mit dem Konzernbetriebsrat hatte sich das Management Ende Januar nach zunächst schwierigen Verhandlungen auf die Maßnahmen geeinigt. Danach sollen unter anderem betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.