Ermittlungen gegen Stahlkartell „Schienenfreunde“
Bochum/Berlin (dpa) - Mit unerlaubten Preisabsprachen bei Eisenbahnschienen soll ein Kartell unter dem Namen „Schienenfreunde“ hohe Millionenschäden angerichtet haben.
Bei den Ermittlungen gehe es um 30 Beschuldigte aus zehn Unternehmen, bestätigte ein Sprecher der Bochumer Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Bericht der Zeitungen der WAZ-Gruppe. Details zu den seit Frühjahr 2011 laufenden Ermittlungen wollte die Staatsanwaltschaft nicht nennen. Dem Pressebericht zufolge richten sich die Ermittlungen unter anderem gegen die ThyssenKrupp-Tochterfirma GfT Gleistechnik und den österreichischen Stahlkonzern Voestalpine.
Die Ermittlungen stünden noch ganz am Anfang, so die Staatsanwaltschaft. Ein Sprecher des Bundeskartellamts berichtete, dass bereits Mitte Mai die Geschäftsräume der zehn Unternehmen durchsucht worden seien.
Die Deutsche Bahn kündigte unterdessen die Prüfung von möglichen Schadenersatzforderungen gegen die Beschuldigten an. „Der Bahn könnte dadurch ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein“, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit. Der Konzern habe aber noch keine näheren Informationen zum Stand der Ermittlungen.
„Sobald wir aus dem Ermittlungsverfahren ein klares Bild von dem Kartell haben, werden wir mögliche Ansprüche gegen die Kartellbeteiligten prüfen“, sagte Bahn-Rechtsvorstand Gerd Becht. Zudem wolle der Konzern seine Einkaufsvorgänge unter die Lupe nehmen.
ThyssenKrupp kündigte eine schnelle und umfassende Aufklärung an. Leider habe sich im Verlauf der Ermittlungen der Verdacht „wettbewerbswidriger Absprachen“ gegen einzelne Mitarbeiter der ThyssenKrupp GfT Gleistechnik erhärtet, hieß es.
Mindestens zehn Jahre soll das Kartell mit dem Namen „Schienenfreunde“ die Preise für Bahnschienen in Deutschland bestimmt haben, schreibt die WAZ unter Berufung auf ihr vorliegende Dokumente. Dadurch sei vor allem die Deutsche Bahn geschädigt worden. Der Staatskonzern habe bis zu 300 000 Tonnen Stahl im Jahr zu Kartellpreisen gekauft. Allein 2006 soll die Bahn bis zu 100 Millionen Euro zu viel gezahlt haben. Der Gesamtschaden könnte im hohen dreistelligen Millionenbereich liegen.
Das Kartell sei 2008 auseinandergeflogen, als der Stahlkonzern ArcelorMittal die polnische Huta Katowice kaufte und die Preise des Kartells um rund 35 Prozent unterbot, schreibt das Blatt. Der Konzern habe dann den größten Liefervertrag mit der Deutschen Bahn bekommen.
ThyssenKrupp hat nach eigenen Angaben mittlerweile Konsequenzen gezogen. Fast die gesamte Führungsmannschaft der GfT Gleistechnik sei mittlerweile ausgetauscht worden, sagte ein Sprecher. „Da gilt das Prinzip „Zero-Tolerance“ (Nulltoleranz).“ Die Tochter erwirtschaftet einen Jahresumsatz von rund 300 Millionen Euro. „Unser Interesse ist es, den Fall schnell und umfassend aufzuklären“, sagte der Sprecher. Das Unternehmen arbeite mit den Ermittlungsbehörden zusammen.