EU-Krisengipfel: „Wir brauchen Wachstum“

Einig beim Pakt für die Konjunktur, zerstritten über die Nothilfen.

Brüssel. Streit in politischen Fragen — Einigkeit in wirtschaftlichen Dingen: Die europäischen Staats- und Regierungschefs sind zutiefst zerstritten, mit welchen Mitteln sie die Schuldenkrise eindämmen könnten. Einigen wollten sie sich bei ihrem Krisengipfel gestern auf einen „Pakt für Wachstum und Beschäftigung“. Er soll Europas Wirtschaft Schwung verleihen.

„Auf der einen Seite brauchen wir solide Haushalte, als zweite Seite der Medaille aber auch Wachstum und Beschäftigung“, sagte Kanzlerin Angela Merkel in Brüssel. Für den Pakt sind 120 Milliarden Euro eingeplant. Der Großteil sind Gelder aus EU-Fördertöpfen. Frisches Geld in Form von Konjunkturprogrammen gibt es nicht.

Zugleich streiten die Staaten, wie die seit gut zwei Jahren grassierende Staatsschuldenkrise eingedämmt werden könnte. Deutschland und die Niederlande finden, dass Spar- und Wirtschaftsreformen der einzig richtige Weg für Sorgenländer wie Italien und Spanien sind, um ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu entrinnen. Zudem könnten kriselnde Staaten den Euro-Nottopf anzapfen.

Frankreich spricht sich dagegen für kurzfristige Maßnahmen aus, um den Ländern zu helfen. Darauf hoffen auch Spanien oder Italien. Diese zwei großen Euro-Staaten können sich derzeit lediglich zu relativ hohen Zinsen Geld regulär an den Finanzmärkten leihen.

Im Umfeld der Bundesregierung hieß es, dass Italien und Spanien den Großteil der 2012 benötigten Gelder bereits eingesammelt hätten — zu niedrigeren Zinsen als derzeit. „Ich warne vor übertriebener Panikmache“, sagte ein Regierungsvertreter.

Deutschland lehnt außerdem das gemeinsame Schuldenmachen der Euro-Staaten („Euro-Bonds“) ab. Südeuropäische Länder sind hierfür offener. Sie sind zugleich unwilliger als Deutschland, mehr Macht auf die EU-Ebene zu verlagern.

Doch genau diese Machtverlagerung von der nationalen auf die politische Ebene wird in den nächsten Monaten das Thema sein. Die Regierungschefs werden heute EU-Ratspräsident Herman van Rompuy auffordern, einen Zeit- und Fahrplan zu erstellen, wie sie aus der EU eine „wirkliche Wirtschafts- und Währungs-Union“ machen können.